Bis 2050 braucht die Welt doppelt so viel Energie

Zur weiteren Stärkung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland richtet die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) zwölf neue Graduiertenkollegs ein. Die Graduiertenkollegs bieten Doktorandinnen und Doktoranden die Chance, in einem strukturierten Forschungs- und Qualifizierungsprogramm auf hohem fachlichen Niveau zu promovieren. Die neuen Promotionsprogramme, von denen eines an der Universität Bayreuth umgesetzt wird, fördert die DFG in der ersten Förderperiode von viereinhalb Jahren mit insgesamt rund 45 Millionen Euro.

Multichromophore Systeme umfassend zu bearbeiten, ist Ziel des GRK 1640
„Fotophysik synthetischer und biologischer multichromophorer Systeme“, für das die Universität Bayreuth Sprecherhochschule ist. Solche Systeme spielen eine Rolle bei der Fotosynthese, der Entwicklung von organischen Solarzellen oder in der allgemeinen molekularen Elektronik. „Neben der Anwendungsrelevanz sind diese Systeme von großem Interesse, weil sie es erlauben, fundamentale Fragestellungen aus Physik und Chemie der kondensierten Materie zu studieren“, sagt Professor Dr. Jürgen Köhler, Sprecher des GRK 1640 und Inhaber des Lehrstuhls Experimentalphysik IV an der Universität Bayreuth.

Nach heutigem Kenntnisstand geht man von einer Verdopplung des globalen Energieverbrauchs bis 2050 aus. Gleichzeitig steht die Welt vor dem Problem der geringer werdenden fossilen Energieträger und der Klimaveränderung, die ohnehin eine Abkehr von fossilen Brennstoffen erfordert. „Der Nutzung erneuerbarer Energien kommt also eine Schlüsselrolle für die zukünftige Energieversorgung der Industriestaaten zu“, so Professor Dr. Jürgen Köhler. „Wenn man sich vor Augen führt, dass die Energiemenge, die stündlich von der Sonne auf die Erde einfällt, dem gesamten Weltjahresenergieverbrauch entspricht, dann wird klar, dass eine Solarenergie-basierte Energie-produktion einen langfristigen Beitrag zur Lösung der Problematik liefern kann.“

Heutzutage wird Solarenergie im Wesentlichen durch Solarthermie oder durch Photovoltaik genutzt. Man stelle sich eine Solarzelle auf dem Dach vor, die bei diffusem Licht automatisch ihre Fläche vergrößert, oder bei zu starker Beleuchtung abschaltet, kleine Reparaturen selbst erledigt und vor Ablauf ihrer Lebensdauer automatisch (und umsonst) ein neues Modell entstehen lässt. Professor Dr. Köhler: „So futuristisch das klingen mag, die Natur zeigt, dass genau dies möglich ist – bei der Photosynthese.“ Hier werden organische Molekularbausteine zu hochspezialisierten supramolekularen Strukturen kombiniert. Darüber hinaus hat die Natur Mechanismen entwickelt, die dazu führen, dass photosynthetische Organismen sich an die Beleuchtungsbedingungen anpassen, selbst reparieren und sogar selbst reproduzieren. „Und das alles, ohne dass wir uns groß darüber wundern.“

Insbesondere, so Professor Dr. Jürgen Köhler weiter, zeigt der Erfolg der Photosynthese, dass die lichtgetriebene Spaltung von Wasser und damit die Produktion des Energieträgers Wasserstoff in größerem Maßstab möglich ist. „Die Natur liefert uns die Blaupause für die umweltverträgliche Entwicklung von Treibstoffen und Energieträgern“, erklärt der Bayreuther Physiker. Dennoch: Zwischen dem Verstehen der Prinzipien der Photosynthese und der Entwicklung von Bausteinen für eine künstliche Photosynthese liegt ein weiter Weg wissenschaftlicher Forschung und Entwicklung. Um systematische Fortschritte auf diesem Arbeitsgebiet zu erzielen, müssen Konzepte, Erfahrungen und methodisches Wissen aus Physik und Chemie kombiniert werden. Dies erfordert die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern weit über die traditionellen Fächergrenzen hinweg. Die Makromolekülforschung ist ein Forschungsschwerpunkt innerhalb der Physik und der Chemie an der Universität Bayreuth. Durch die enge Verzahnung der Zusammenarbeit zwischen Chemie und Physik hat die Universität Bayreuth auf diesem Gebiet einen strategischen Vorteil.

Neben gemeinsamen Forschungsanstrengungen veranstalten die am Graduiertenkolleg beteiligten Wissenschaftler im nächsten Frühjahr die internationale Konferenz „Light- Harvesting Processes“ auf Kloster Banz. Dort treffen sich international renommierte Experten aus Biologie, Physik, Chemie und Ingenieurswissenschaften um voneinander zu lernen.

„Ebenso müssen junge Menschen so ausgebildet werden, dass sie sich zwischen den traditionellen Disziplinen bewegen können, um diese langfristigen, für die Menschheit extrem wichtigen Fragestellungen, bearbeiten zu können“, sagt Professor Dr. Jürgen Köhler. Diese aus wissenschaftlicher Sicht spannende Perspektive komme jedoch nur unzureichend in heutigen Studienprogrammen zum Ausdruck. Das neue Graduiertenkolleg in Bayreuth biete künftig einen Ausbildungsrahmen für junge Wissenschaftler, der diese Lücke schließt und den Doktoranden/innen ein interdisziplinäres, an wissenschaftlichen Fragen über multichromophore Systeme ausgerichtetes Studienprogramm anzubieten.

Media Contact

Frank Schmälzle Universität Bayreuth

Weitere Informationen:

http://www.uni-bayreuth.de

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