Nach dem IT-Gipfel: Behördenhotline 115 im Aufbau

Telefon, SMS, Fax oder E-Mail öffnen nicht nur die Türen der Behörden, sondern lösen zugleich auch Verwaltungsvorgänge aus – diese Vision verfolgt das von Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgestellte Deutschland-Projekt „ServiceLine 115“. Unter dieser bundeseinheitlichen Hotline sollen Bürger und Wirtschaft auf schnellstem Wege durch den Behördendschungel geleitet werden. Erste Szenarien des IT-Großprojekts werden vom Berliner Fraunhofer-Institut FOKUS, wo auch der Voice over IP-Standard für die Internettelefonie maßgeblich entwickelt wurde, auf der CeBiT vorgestellt.

Das Vorhaben nach dem Vorbild der New Yorker Hotline „3-1-1“ wurde im Dezember auf dem IT-Gipfel der Bundesregierung beschlossen. Das vom hessischen ISPRAT (Institut für Interdisziplinäre Studien zu Politik, Recht, Administration & Technologie) initiierte Innovationsprojekt, bei dem FOKUS für die technische Realisierung und die WHU (Otto Beisheim School of Management) für die Nutzensbewertung zuständig ist, bettet sich ein in ein ganzes Maßnahmebündel des Bundes zum Stichwort Zukunftsorientierte Verwaltung. Insgesamt sollen nach Beschluss des Bundeskabinetts 57 Modellprojekte zur Modernisierung der Bundesverwaltung umgesetzt werden. Eines der Ziele ist es, Verwaltungsverfahren mit der Wirtschaft ab 2012 möglichst nur noch elektronisch abzuwickeln.

In Deutschland soll die Behördenhotline mehr als nur ein Call-Center (wie in New York, wo tagtäglich 40.000 Anrufe auflaufen) sein. Bei der deutschen Lösung sollen sämtliche Bürgeranfragen – so weit wie möglich – direkt in computergestützte Verwaltungsprozesse überführt und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Zuständigkeiten für Verwaltungsdienstleistungen auf den Ebenen Kommunen, Bundesländer und Bund an die zuständige Behörde weitergeleitet werden. Egal, ob es sich um die Ausstellung von Kfz-Dokumenten, Übermittlung der Geburtsurkunde oder Dokumentenanfragen handelt. Ein Vorteil für beide Seiten: Verwaltungsprozesse werden schneller, präziser und kostengünstiger. Die wirtschaftlichen Effekte spielen bei dieser absolut neuen eGovernment-Lösung eine entscheidende Rolle. „Vor dem Hintergrund der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie wird die flexible, effiziente Einbringung von Servicleistungen in der Öffentlichen Verwaltung immer wichtiger“, skizziert Uwe Holzmann-Kaiser, Projektleiter bei Fraunhofer FOKUS, das Potenzial des Vorhabens.

Für ein erstes regionales Pilotprojekt ist die Rhein-Main-Region vorgesehen. Im bundesweit führenden eGovernment-Labor von FOKUS können alle Szenarien von „115“ im Vorfeld getestet werden. „ServiceLine 115“ basiert auf der bei FOKUS entwickelten IMS (IP Multimedia Subsystem) Technologie. Mit ihr lässt sich die Funktion einer Service-Hotline für unterschiedliche mediale Zugangskanäle (Telefon, SMS, Handy, E-Mail, Fax) realisieren. Ein Knowledge-Center ordnet die Anfragen den entsprechenden Zuständigkeiten, Prozessen und Fachverfahren zu. Serviceanfragen können damit automatisch bis in das jeweilige Backoffice – d.h. direkt bis zum zuständigen Sachbearbeiter – weitergeleitet werden. Nur bei komplizierten Bürgerfragen soll ein Call-Center eingebunden werden.

Die technischen Anforderungen sind mannigfaltig: Die Telekommunikationsprovider leiten einen 115-Anruf zum Callcenter der nächstgelegenen Verwaltung weiter, in der Regel auf kommunaler Ebene. Die Anrufe werden dort in folgenden groben Kategorien weiter bearbeitet:

• Einfache Anfragen, z.B. nach Öffnungszeiten, Adressen, Zuständigkeiten, Gebühren, öffentlichen Terminen o.ä. werden möglichst sofort beantwortet. Hierfür steht den Mitarbeitern ein internes, deutschlandweites Auskunftssystem (Knowledge- Management) zur Verfügung, in dem alle Behörden ihre Grundinformationen zur Verfügung stellen.

• Qualifizierte Anfragen, die einen bestimmten Sachbearbeiter erfordern, werden vom Callcenter durchgestellt, unabhängig davon, welche Verwaltung nachgefragt wird. So kann z. B. das Callcenter in Hamburg zum Finanzamt in Frankfurt durchstellen. Wenn die gewünschte Rufnummer nicht erreichbar ist, nimmt das Callcenter auf Wunsch einen Rückruf-Auftrag entgegen und leitet diesen per Order-Management-System (CRM, Workflow-Management, E-Mail, …) an die zuständige Stelle weiter.

• Einfache Aufträge, wie z. B. das Zusenden einer Lohnsteuerkarte oder die Bestellung eines Müllcontainers werden vom Callcenter aufgenommen und an die zuständige Stelle weitergeleitet. Auch hier gilt, dass jedes Callcenter für jede Verwaltung Aufträge entgegennimmt.

• Meldungen mit Bezug auf öffentliche Sicherheit und Ordnung werden ebenfalls entgegengenommen und unverzüglich an die zuständige Stelle weitergeleitet. Der Bürger erhält auf Wunsch ein Aktenzeichen und kann im Internet, in Analogie zur Sendungsverfolgung von Logistikanbietern, den Erledigungsstatus abfragen.

• Für Notrufe gelten weiterhin die Nummern 110 und 112. Bei 115 eingehende Notrufe werden schnellstmöglich an 110 bzw. 112 weitergeleitet und umgekehrt.

Bei der technischen Realisierung muss u. a. folgende Frage beantwortet werden: Welche Technologieplattform die geeignetste (VoIP oder Erweiterungen wie IMS)? Dabei sind als Evaluationskriterien insbesondere die Integrationsfähigkeit (klassische Telefondienste, IP, mobile Kommunikation) und Sichereitsanforderungen zu berücksichtigen. Bei den unterstützenden Diensten, um eine weitere Herausforderung zu nennen, geht es um die Entwicklung eines Blueprints (z.B. CRM, Workflow).

Weitere Informationen: Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS Kaiserin-Augusta-Allee 31, 10589 Berlin www.fokus.fraunhofer.de, Pressekontakt: Oda Dridi-Dörffel, Tel. 030/ 34 63 73 12 , Handy: 017154 53 436, odr@fokus.fraunhofer.de

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