Wie zwischen Arten synthetische Barrieren errichtet werden
Mittels Gentechnologie lassen sich heute genetisch veränderte Tiere und Mikroorganismen züchten – etwa Bakterien, um Insulin für Diabetiker herzustellen, die kein tierisches Insulin vertragen. Nun ist Prof. Eduardo Moreno vom Institut für Zellbiologie der Universität Bern ein weiterer Schritt gelungen: Er fand heraus, wie man bei der Fruchtfliege (Drosophila melanogaster) eine künstliche genetische Barriere zwischen den Arten errichtet, damit diese sich nicht vermischen können. Das Genmaterial der natürlichen Fruchtfliege wurde dabei gezielt so verändert, dass die modifizierte Fliege sich nicht mit der natürlichen Spezies fortpflanzen kann und dadurch eine eigene Art bildet.
Die neue Fruchtfliegenart weist zudem kleinere, hellere Augen und anders geformte Flügel auf als die natürliche Spezies. Alle diese Merkmale reichen aus, um diese Fliege – gemäss dem von Ernst Mayr, einem der bedeutendsten Naturforscher des 20. Jahrhunderts, eingeführten biologischen Artkonzept – als eigenständige Spezies zu bezeichnen. «Die so entwickelte Fliegenart erhielt den Namen ‹Drosophila synthetica›, um sie von der natürlichen Fruchtfliege zu unterscheiden», sagt Eduardo Moreno. Die Arbeit zur neuen Fruchtfliegen-Art wurde nun im Journal «PLoS ONE» publiziert.
Erstmals Artenbarriere identifiziert
Tierarten werden als eine Gruppe von Individuen definiert, die sich untereinander vermehren können, aber nicht fähig sind, sich mit anderen Tierarten zu kreuzen. So sind Hunde und Katzen verschiedene Spezies, weil sie zusammen keinen lebensfähigen Nachwuchs zeugen können. Pferde und Esel sind ebenfalls eigene Arten, die sich zwar kreuzen können, aber nur unfruchtbare Nachkommen hervorbringen.
Die neue Fruchtfliegen-Art Drosophila synthetica ist nun das erste transgene Tier, das sich nicht mit dem Wildtyp vermehren kann – selber aber fruchtbar bleibt und sich mit identischen, «synthetischen» Fruchtfliegen fortpflanzen kann. Damit wurde im Modell-Organismus der Fruchtfliege erstmals eine Artenbarriere identifiziert und erfolgreich kopiert.
Genetische «Schutzmassnahme» für natürliche Arten
Dieses Vorgehen könnte künftig als Modell für die Entwicklung aller transgenen Organismen dienen: «Wenn alle gewünschten genetischen Veränderungen auch mit entsprechenden Artenbarrieren versehen würden, so dass sich der veränderte Organismus nicht mit der natürlichen Art vermischen kann, dann könnten wir Risiken eingrenzen und natürliche Arten vor unerwünschten Kreuzungen mit transgenen Organismen schützen», sagt Moreno. Er erhofft sich von diesem neuartigen Ansatz einen besseren Schutz für natürliche Arten, vor allem in der gentechnischen Bekämpfung von Mangelernährung und Hunger.
Bibliographische Angaben:
Eduardo Moreno: Design and Construction of ‹Synthetic Species›, PLoS One, 25. Juli 2012, doi:10.1371/journal.pone.0039054
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