Zuhause im Fußabdruck – Mikrohabitate in Elefanten-Spuren untersucht

Sieht unscheinbar aus, beherbergt aber eine Vielzahl von Organismen: Ein Elefantenfußabdruck. © Senckenberg

Wer über 6.000 Kilogramm wiegt, hinterlässt Spuren – so geht es auch den afrikanischen Elefanten im Kibale-Nationalpark in Uganda. „Wir haben nun erstmalig untersucht, welche Tiere von diesen Fußabdrücken profitieren können“, erklärt Dr. Viola Clausnitzer vom Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz und ergänzt:

„Die wassergefüllten Vertiefungen bieten einer erstaunlich vielfältigen Anzahl von wasserlebenden Makroinvertebraten einen Lebensraum.“ Bis zu 61 verschiedene Arten dieser mit bloßem Auge sichtbaren wirbellosen Kleinlebewesen aus 27 Familien hat Clausnitzer mit ihren Kollegen in den Spuren bestimmen können.

Hierzu hat das Team aus Portugal, Österreich und Deutschland dreißig natürliche, wassergefüllte Fußabdrücke untersucht und auch selber künstliche Spuren zu Testzwecken angelegt. „Uns hat interessiert wie schnell die Löcher besiedelt werden, welche Tiere diese Mini-Habitate nutzen und wie sich die Zusammensetzung der Organismengruppen mit der Entfernung von natürlichen Gewässern ändern“, erläutert Clausnitzer.

Insgesamt 2751 Proben wurden in den dreißig Elefantenspuren genommen. Am artenreichsten waren Wasser- und Schwimmkäferarten in den Proben vertreten, am häufigsten fanden die Wissenschaftler Vertreter von Stechmückenarten.

Bereits nach fünf Tagen haben die Wissenschaftler in den achtzehn künstlich angelegten „Fußabdrücken“ – etwa dreißig Zentimeter tiefe und breite Löcher, in die ein Eimer eingelassen wurde – 410 Organismen entdeckt. „Die Artenvielfalt nahm ab, je weiter unsere Testspuren von der Wasserquelle entfernt waren – die Löcher scheinen demnach einigen Arten als sogenannte ‚step stones’ zu dienen, über die sie sich ausbreiten können“, fügt die Görlitzer Wissenschaftlerin hinzu und fährt fort:

„Aber nicht nur die Lage der Abdrücke spielt eine Rolle, auch das Alter der Fußspuren und die sonstigen ‚Hinterlassenschaften’ der Elefanten machen sich in der Zusammensetzung der Fauna in diesen Mikro-Lebensräumen bemerkbar.“

Umso älter die Löcher waren, desto artenreicher war die Lebenswelt in ihnen; die Anzahl der Organismen nahm aber ab. Die Forscher vermuten, dass in den jungen Abdrücken Räuber-Beute-Interaktionen noch keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen – so gibt es zwar viele Tiere, aber die Vielfalt bleibt geringer.

Schon länger ist bekannt, dass Elefanten als „Ökosystem-Ingenieure“ arbeiten: Sie reduzieren den Baumbewuchs und halten die Landschaft und für viele Tiere lebenswichtige Wasserlöcher offen. In ihrem Verdauungstrakt wandern Pflanzensamen über viele Kilometer und werden so verbreitet. „Wir haben nun gezeigt, dass der Schutz der bedrohten Dickhäuter auch für die kleinsten Organismen enorm wichtig ist“, fasst Clausnitzer zusammen.

Kontakt
Dr. Viola Clausnitzer
Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz
Tel. 03581- 4760 5720
Viola.Clausnitzer@senckenberg.de

Judith Jördens
Pressestelle
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Tel. 069- 7542 1434
pressestelle@senckenberg.de

Publikation
Remmers, W., Gameiro, J., Schaberl, I. and Clausnitzer, V. (2016), Elephant (Loxodonta africana) footprints as habitat for aquatic macroinvertebrate communities in Kibale National Park, south-west Uganda. Afr. J. Ecol. doi:10.1111/aje.12358

Pressemitteilung und Bildmaterial finden Sie auch unter www.senckenberg.de/presse

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