Zoologe der Universität Jena untersucht Fortpflanzungsstrategien bei Amphibien

Dieser winzige „Hyperolius mitchelli“ aus der Gattung der Riedfrösche, hier auf der Hand von Dr. Hendrik Müller, legt seine Eier an Land ab; lediglich die Kaulquappen kehren ins Wasser zurück. Foto: Jan-Peter Kasper/FSU<br>

Vom Laich über die Kaulquappe zum Frosch – so ist der übliche Weg der Fortpflanzung beim Frosch. Die meisten Amphibienarten sind aufgrund des „aquatischen Larvenstadiums“ abhängig von Gewässern für die Fortpflanzung. Es haben sich allerdings bei einigen Amphibienarten Fortpflanzungsstrategien entwickelt, die auf Gewässer nur teilweise oder gar nicht angewiesen sind.

Diese Ausnahmen sind sogar relativ häufig. „Von den ca. 7.000 existierenden Amphibienarten pflanzen sich immerhin rund 1.000 direkt an Land fort“, schätzt der Biologe Dr. Hendrik Müller von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Bei diesen Arten vollzieht sich die ganze Embryonalentwicklung im Ei an Land, aus welchem ein fertig entwickelter, junger Frosch ausschlüpft.

Außerdem gibt es Amphibienarten, bei denen das Weibchen vollentwickelte, lebende Junge zur Welt bringt. Viele Frösche, insbesondere in den Tropen, haben zudem Fortpflanzungsstrategien, die sie zumindest teilweise vom Wasser unabhängig machen. So legen viele tropische Frösche, wie der Riedfrosch „Hyperolius mitchelli“, ihre Eier an Land ab. Lediglich die Kaulquappen setzen die weitere Entwicklung im Wasser fort.

Zum ersten Mal sind nun die Verbreitung und Reproduktion aller in Ostafrika vorkommenden Amphibienarten von einer internationalen Forschergruppe untersucht worden. An der Studie, die jüngst in der Fachzeitschrift „Biology Letters“ erschien, ist der Jenaer Biologe Dr. Hendrik Müller führend beteiligt. Für die Studie wurden Daten zur Verbreitung und Fortpflanzung aller im östlichen Kenia und Tansania vorkommenden Amphibien analysiert und ausgewertet. Das Team untersuchte dabei, ob Arten mit terrestrischen Fortpflanzungsstrategien eher zufällig verteilt sind oder ob es Muster in der Verbreitung gibt. Dabei wurden auch die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Arten in der Analyse berücksichtigt. „Dadurch wurde ausgeschlossen, dass das gehäufte Auftreten bestimmter Modi einfach nur auf der Besiedlung eines Gebiets durch nahe verwandte Arten beruht“, erklärt Hendrik Müller. „Das wurde bisher in dieser Weise noch nicht gemacht“, betont der Mitarbeiter des Instituts für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie.

Fest steht nun für die Forscher: Arten mit eher terrestrischen Fortpflanzungsstrategien sind vorwiegend in Wäldern zu finden, während komplette terrestrische Fortpflanzung vorwiegend auf Bergwälder beschränkt ist. „Wälder scheinen generell einen begünstigenden Einfluss auszuüben, der eine terrestrische Entwicklung überhaupt erst möglich macht“, stellt Hendrik Müller fest. Im Wald herrscht ohnehin ein recht feuchtes Mikroklima. „Die Gefahr des Austrocknens von Eiern, die an Land abgelegt werden, ist dementsprechend nicht so groß.“ Komplett vom Wasser unabhängige Reproduktionsweisen wurden hingegen vorwiegend in Bergwäldern nachgewiesen. In den Bergen gibt es deutlich weniger stehende Gewässer. Die vorhandenen Bäche und Flüsse können bei Regen binnen kürzester Zeit extreme Strömungen entwickeln, die im Wasser lebende Larven einfach fortspülen würden. „Wir gehen davon aus, dass eine aquatische Larve in diesen Habitaten eher von Nachteil ist“, sagt Dr. Müller. Bergwälder scheinen somit die Evolution von komplett terrestrischen Fortpflanzungsstrategien zu begünstigen. „In allen Amphibiengruppen sind unabhängig voneinander ähnliche Reproduktionsstrategien entstanden, die sich alle durch eine zunehmende Abwendung vom Wasser auszeichnen. Offensichtlich führen ähnliche externe Faktoren zu ähnlichen Veränderungen der Organismen. Wie das genau passiert und was die Ursachen dafür sein könnten, ist weitestgehend unklar“, sagt Müller und hofft auf weitere Forschungen.
Original-Publikation:
Hendrik Müller, H. Christoph Liedtke, Michele Menegon, Jan Beck, Liliana Ballesteros-Mejia, Peter Nagel and Simon P. Loader: Forests as promoters of terrestrial life-history strategies in East African amphibians, Biol. Lett., 2013 9 20121146; doi:10.1098/rsbl.2012.1146. (http://rsbl.royalsocietypublishing.org/content/9/3/20121146.abstract)

Kontakt:
Dr. Hendrik Müller
Institut für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie mit Phyletischem Museum der Universität Jena
Erbertstraße 1, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949164
E-Mail: hendrik.mueller[at]uni-jena.de

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Stefanie Bühlchen idw

Weitere Informationen:

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