Zentraler Schalter im Immunsystem über Splicing reguliert

Isabel Meininger und Prof. Dr. Daniel Krappmann Quelle: Helmholtz Zentrum München

Das Protein MALT1 (Mucosa-associated lymphoid tissue lymphoma translocation protein 1) steuert die Aktivierung von Lymphozyten und damit die Immunantwort nach bakteriellen oder viralen Infektionen. Als Protease spaltet es dazu andere Proteine in der Zelle und gilt als mögliches Ziel zur Behandlung überschießender Immunreaktionen bei Autoimmunerkrankungen (z.B. Multiple Sklerose) oder bestimmten bösartigen Lymphomen.

Um eine überschießende MALT1-Aktivität zu unterbinden, erforscht ein Team der Abteilung Zelluläre Signalintegration (AZS) am Helmholtz Zentrum München, an welcher Stelle man pharmakologisch in diese Signalkette eingreifen kann. In der aktuellen Arbeit konzentrierte sich das Team um Prof. Dr. Daniel Krappmann, Leiter der Abteilung AZS, vor allem auf die beiden Varianten MALT1A und MALT1B, die durch alternatives Splicing entstehen*.

Stärkere Aktivierung von T-Zellen

„Wir konnten zeigen, dass MALT1 durch posttranskriptionales Spleißen reguliert wird – damit hatten wir nicht gerechnet“, sagt die Erstautorin Isabel Meininger. „Je nachdem welche MALT1 Variante dabei entsteht, wird das Immunsystem unterschiedlich stark aktiviert“, so die Doktorandin.

Konkret beobachteten die Wissenschaftler, dass MALT1A zu einer stärkeren Stimulation von T-Zellen führte als MALT1B. Welche Form bevorzugt produziert wird, regelt der Studie zufolge ein Molekül mit dem Namen hnRNP U (Heterogeneous nuclear ribonucleoprotein U). Ist esnur in geringen Mengen vorhanden, wird viel MALT1A produziert, T-Zellen werden also stärker aktiviert. Steigt allerdings die Menge an hnRNP U, so wird mehr MALT1B produziert und die Reaktion der T-Zellen fällt schwächer aus.

„Unsere Ergebnisse tragen dazu bei, die Funktion von MALT1 besser zu verstehen und den Einfluss einer pharmakologischen Wirkung auf diesen vielversprechenden Wirkstoffkandidaten besser einschätzen zu können“, erklärt Krappmann. In vorangegangenen Studien hatten er und sein Team bereits erste pharmakologische Stoffe identifiziert, mit denen sich die Funktion von MALT1 gezielt verändern lässt. In künftigen Arbeiten wollen die Forscher die Auswirkungen des Splicings von MALT1 auf das Immunsystem und die Entstehung von Krankheiten im präklinischen Modell bestätigen.

Weitere Informationen

Hintergrund:
* Alternatives Splicing bezeichnet einen Vorgang, bei dem die Abschrift eines Gens, die prä-mRNA, unterschiedlich stark zusammengeschnitten (gespleißt) wird. Dadurch können mehrere alternative mRNA-Sequenzen entstehen, die in der Folge zu unterschiedlichen Proteinen führen. Im Fall von MALT1 unterscheiden sich die Varianten A und B lediglich durch das Vorhandensein einer kurzen Sequenz, die für elf Aminosäuren kodiert. Fehlt dieser Bereich wie im Falle von MALT1B, führt das zu einer beeinträchtigten Fähigkeit, T-Zellen zu stimulieren.

Original-Publikation:
Meininger, I. et al. (2016). Alternative splicing of MALT1 controls signaling and activation of CD4+ T cells, Nature Communications, DOI: 10.1038/NCOMMS11292

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.

Die Abteilung Zelluläre Signalintegration (AZS) ist am Institut für Molekulare Toxikologie und Pharmakologie angesiedelt und zielt mit ihrer Forschung darauf ab, die Kommunikation von Zellen besser zu verstehen. Dabei konzentrieren sich die Wissenschaftler zum einen auf die Interaktion von Proteinkomplexen und zum anderen auf die Effekte von posttranslationalen Modifikationen. Ziel der Forscher ist es, Fehlregulationen von Signalketten des Immunsystems aufzuklären, die zur Entwicklung von Infektionen, Lymphdrüsenkrebs und Autoimmunkrankheiten beitragen können, um diese Prozesse dann pharmakologisch beeinflussen zu können.

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