Zellbiologie: Neues aus der Welt der Mikrotubuli

Das Skelett einer Zelle (Zytoskelett) besteht vorwiegend aus Filamenten, sogenannten Mikrotubuli. Es bestimmt viele Eigenschaften einer Zelle wie deren Größe, Form oder Struktur. Neben diesen statischen Aufgaben ist das Zytoskelett aber auch maßgeblich an dynamischen Prozessen wie der Zellteilung beteiligt. Für eine Zelle ist es daher essentiell, die Länge der Mikrotubuli den momentanen Erfordernissen entsprechen regulieren zu können.

Vom Wachsen und Schrumpfen

Diesen Regulationsmechanismus haben der LMU-Biophysiker Erwin Frey und seine Mit-arbeiter Anna Melbinger und Louis Reese anhand eines theoretischen Modells näher untersucht und einen zunächst überraschenden Zusammenhang entdeckt: Die aktuelle Länge eines Filaments bestimmt mit, ob es wächst oder schrumpft. Dahinter steckt folgende Idee: Je länger das Filament ist, desto mehr Motor-Proteine aus dem Zytosol können daran binden. Sie alle wandern zu dem sogenannten Plus-Ende des Mikrotubulus und häufen sich dabei immer mehr an. Am Ende angekommen starten die Motor-Proteine den Abbau des Mikrotubulus .

Parallel binden an genau dieses Plus-Ende neue Mikrotubuli-Bausteine aus dem um-gebenden Cytosol und das Filament wächst. Um das dynamische Gleichgewicht von Ab- und Aufbau zu berechnen, haben die Autoren eine Reihe relevanter Faktoren einbezogen. Dazu gehören die Konzentration der Motorproteine und deren molekulare Eigenschaften. Alles zusammen genommen zeigt einen Mechanismus auf, mit dem eine Zelle die Länge ihrer Mikrotubuli dynamisch und dabei sehr präzise einstellen kann. Auf diese Weise beeinflusst sie vermutlich eine Reihe intrazellulärer Aufgaben, die über eine bestimmte Mikrotubuli-Länge geregelt sind. (Phys.Rev.Lett. 2012)

Die Arbeit wurde unterstützt durch das Exzellenzcluster „Nanosystems Initiative Munich (NIM)” und den Sonderforschungsbereich SFB 863 „Forces in Biomolecular Systems“.

Publikation:
Microtubule Length-Regulation by Molecular Motors.
Anna Melbinger, Louis Reese, and Erwin Frey.
Phys. Rev. Lett. 108, 258104 (2012). Published online June 22, 2012
Doi: 10.1103/PhysRevLett.108.258104

Kontakt:
Prof. Dr. Erwin Frey
Lehrstuhl für Statistische und Biologische Physik
Arnold-Sommerfeld-Center für Theoretische Physik, Center for NanoScience (CeNS) und Exzellenzcluster Nanosystems Initiative Munich (NIM)
Tel.: 089 / 2180 – 4537
Fax: 089 / 2180 – 4538
E-Mail: frey@lmu.de
Web: http://www.theorie.physik.uni-muenchen.de/lsfrey/group_frey/index.html

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Luise Dirscherl idw

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