Weltgrößte Datenbank zu Pflanzeneigenschaften veröffentlicht

Koordiniert durch Dr. Jens Kattge und Dr. Gerhard Bönisch vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena und Prof. Dr. Christian Wirth von der Universität Leipzig, enthält TRY derzeit über drei Millionen Einträge zu funktionellen Merkmalen von rund einem Fünftel (70.000) aller bekannten Pflanzenarten.

Erfasst wurden Merkmale zu den Schlüsselprozessen Wachstum, Verbreitung, Etablierung und Stresstoleranz. „Nach etwa vier Jahren intensiver Aufbauarbeit sind wir stolz, die erste Version der Datenbank präsentieren zu können“, sagte Dr. Kattge als führender Autor der in „Global Change Biology“ publizierten Studie. In dem gemeinsamen Projekt von über 100 internationalen Forschungsinstituten sind wesentliche Eigenschaften von über 20 Prozent aller weltweit vorkommenden Pflanzenarten an einer Stelle zusammengefasst. Erste Auswertungen ergaben, dass die Pflanzen in ihren Eigenschaften variabler sind als bisher angenommen.

Pflanzen stehen als sogenannte Primärproduzenten an der untersten Stufe der Nahrungskette. Ihre Vielfalt (Diversität) hat einen wesentlichen Einfluss auf die Anzahl und die Vielfalt der nachfolgenden Mitglieder der Nahrungskette. Nimmt die Zahl der Pflanzenarten in einem biologischen Lebensraum ab, so vermindert sich zunächst auch die Vielfalt an Pflanzenfressern sowie später der nachfolgenden Alles- und Fleischfresser. Auch die Wechselwirkungen mit der Umwelt, zum Beispiel der Stoffaustausch mit dem Boden und der Atmosphäre, verändern sich bei Abnahme der pflanzlichen Biodiversität.

Eine erste Auswertung hat ergeben, dass die bisher üblichen funktionellen Klassifizierungen nicht ausreichen, um die große Variationsbreite der pflanzlichen Eigenschaften zu erklären. „Globale Klima- und Vegetationsmodelle unterscheiden etwa zehn funktionelle Pflanzentypen, wie Gräser, Sträucher oder Bäume, die jedoch die beobachteten Variationen der Pflanzeneigenschaften meist nicht erfassen können“, erklärt Prof. Dr. Christian Wirth. Die Variationsbreite wird stattdessen im Wesentlichen durch Artunterschiede verursacht. Die Artenvielfalt ist damit eine entscheidende Größe für funktionelle Vielseitigkeit und die Anpassungsfähigkeit der Ökosysteme an sich verändernde Umweltbedingungen.

Die stetig wachsende Datenbank, betrieben vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, wird für alle Wissenschaftler der Biodiversitäts- und Erdsystemforschung bereitgestellt. TRY wird kontinuierlich mit Daten neuer Kooperationspartner erweitert. „Die Dimension der globalen Herausforderungen erfordert auch neue Dimensionen der wissenschaftlichen Herangehensweise, hinsichtlich der Größe der Netzwerke und der Intensität der Kooperationen“, erklärt Prof. Sandra Díaz von der Universität Cordoba, Argentinien, als Co-Autorin der Studie das erfolgreiche Konzept der TRY-Initiative. Es sei zu erwarten, dass die globale TRY-Datenbank wesentliche Impulse gibt für die Erforschung der Biodiversität sowie die Verbesserung biologisch fundierter Klimamodelle.

Durch Veränderungen der Landnutzung und durch den Klimawandel sterben auf unserem Planeten täglich Pflanzenarten aus, mit einer historisch nie dagewesenen Geschwindigkeit und bevor ihre ökologische Bedeutung erkannt wurde. Auch wie sich die Pflanzenvielfalt darüber hinaus auf das Umwelt- und Klimasystem der Erde und damit auf die Lebensbedingungen des Menschen genau auswirkt, ist derzeit nur ungenügend erforscht. Der größte Engpass war bisher die begrenzte Verfügbarkeit von Daten zu ökologischen und funktionellen Eigenschaften der Pflanzenarten. Die neue Datenbank soll diese Wissenslücke nun füllen. Unter dem Dach von DIVERSITAS und IGBP, zwei Organisationen der UNESCO zur Biodiversitäts- und globalen Umweltforschung, wurde TRY erstellt.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Christian Wirth
Institut für Biologie, Spezielle Botanik und Funktionelle Biodiversität
Telefon: +49 341 97 38 59 1
E-Mail: cwirth@uni-leipzig.de

Media Contact

Susann Huster idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-leipzig.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer