Wasserstoffproduktion: So bauen Grünalgen ihre Enzyme zusammen
Das Team um Dr. Anne Sawyer, Doktorandin Yu Bai, Privatdozentin Dr. Anja Hemschemeier und Prof. Dr. Thomas Happe von der Bochumer Arbeitsgruppe Photobiotechnologie fand mit neuen Methoden der synthetischen Biologie heraus, dass es eine spezielle Proteinmaschinerie in den Chloroplasten der Grünalgen braucht, um eine funktionstüchtige Hydrogenase herzustellen. Die Wissenschaftler berichten ihre Ergebnisse in der Zeitschrift „The Plant Journal“.
Komplexer Aufbau
Das Team arbeitete mit der einzelligen Alge Chlamydomonas reinhardtii. In verschiedenen Bereichen der Zelle besitzen diese Organismen eine bestimmte Proteinmaschinerie, die Enzyme zusammensetzt – etwa in den Fotosynthese treibenden Chloroplasten oder in der Zellflüssigkeit, dem Zytoplasma.
Das Enzym HYDA1 besitzt einen besonders komplex aufgebauten Bereich: den sogenannten Kofaktor, also den Ort im Enzym, an dem die eigentliche Wasserstoffproduktion stattfindet. Der Kofaktor besteht aus einem Cluster von vier Eisen- und vier Schwefelatomen; diese Konfiguration findet sich häufig in Enzymen. Ungewöhnlich ist jedoch, dass sich für die Wasserstoffkatalyse daran ein zweites Cluster aus zwei zusätzlichen Eisenatomen bindet.
Besondere Proteinmaschinerie erforderlich
Happe, Sawyer und ihre Kollegen wollten herausfinden, was es braucht, um den Kofaktor in der lebenden Zelle zu produzieren. Sie brachten Vorstufen der Hydrogenase in verschiedene Bereiche der Grünalgenzelle ein, nämlich in die Chlorplasten und in das Zytoplasma. Allein die Proteinmaschinerie in den Chloroplasten war in der Lage, daraus eine funktionierende Hydrogenase zusammenzubauen. Die Maschinerie im Zytoplasma konnte den komplexen Kofaktor hingegen nicht herstellen.
Bakterienenzym in der Grünalge
In weiteren Tests schleusten die Forscher den Bauplan für eine bakterielle Hydrogenase in das Genom der Grünalge ein. Chlamydomonas reinhardtii produzierte daraus ein funktionierendes Enzym, das effizient Wasserstoff herstellte.
„Diese Erkenntnisse sind für uns eine Grundlage, um Grünalgen biotechnologisch auf eine effizientere Wasserstoffproduktion zu trimmen“, sagt Happe. „Wir wissen jetzt, dass die Maschinerie, die die Enzyme in den Chloroplasten zusammenbaut, etwas Besonderes und nicht Ersetzbares ist.“
Förderung
Die Forscher erhielten finanzielle Unterstützung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des ERA-Syn-Bio-Projekts „Sun-2-Chem“.
Originalveröffentlichung
Anne Sawyer, Yu Bai, Yinghua Lu, Anja Hemschemeier, Thomas Happe: Compartmentalisation of [FeFe]-hydrogenase maturation in Chlamydomonas reinhardtii, in: The Plant Journal, 2017, DOI: 10.1111/tpj.13535
Pressekontakt
Prof. Dr. Thomas Happe
Arbeitsgruppe Photobiotechnology
Lehrstuhl Biochemie der Pflanzen
Fakultät für Biologie und Biotechnologie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 27026
E-Mail: thomas.happe@rub.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.ruhr-uni-bochum.de/Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft
Forschende an der ETH Zürich haben Bakterien im Labor so herangezüchtet, dass sie Methanol effizient verwerten können. Jetzt lässt sich der Stoffwechsel dieser Bakterien anzapfen, um wertvolle Produkte herzustellen, die…
Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren
Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…
Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht
Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…