Viren und Algen im Meer – Einfluss der Viren auf den biogeochemischen Kohlenstoffkreislauf

Die Bildung von filamentösen sternenförmigen Strukturen ist charakteristisch für Phaeocystis globosa. Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie<br>

Phaeocystis globosa ist eine Algenart, die giftige Algenblüten an den Küsten der Nordsee hervorruft. Wenn die Algen am Ende der Blüte absterben, führt dies zu einer massiven Freisetzung von organischer Materie, was wiederum das Wachstum bestimmter Bakterienarten stimuliert, die auf Kohlenstoffverbindungen angewiesen sind (Heterotrophe gamma- und alpha-Proteobakterien).

„Verantwortlich für das Absterben der Algen sind Viren. Diese infizieren die Algen und zersetzen sie dann von innen. Wir haben uns auf die Veränderungen in der Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft konzentriert, die von den so freigesetzten Algenresten leben“, erklärt Dr. Abdul Sheik, Erstautor der Studie.

In Wachstumsversuchen konnten die Forscher zeigen, dass sich die bakterielle Zusammensetzung von mit Viren infizierten Algenkulturen schon nach fünf Stunden deutlich von nicht infizierten unterschied.

Um diesen Mechanismus zu verstehen, fütterten sie die Algen mit Kohlenstoff- und Stickstoff-Isotopen und konnten so den Weg des organischen Materials von der Alge bis zu den Bakterien verfolgen. Die Messmethode war so genau, dass der Weg der Substanzen bis in die einzelnen Zellen rekonstruiert werden konnte. Es handelt sich dabei um hochauflösende Massenspektroskopie (nanoSIMS), bei der mit einer Genauigkeit von deutlich unter einem Mikrometer das Zellinnere studiert werden kann.

„Überraschenderweise sahen wir, dass eine bestimmte Bakterienart (Alteromonas) die mit dem Virus infizierten aber noch intakten Algenzellen besiedelten und schon markierte Substanzen aus der Algenzelle aufnahmen, lange bevor die Algen sich auflösten,“ sagt Abdul Sheik.

„Wir vermuten daher, dass diese infizierten aber noch intakten Algen in der Lage sind, die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft zu prägen, indem sie organische Materie aus ihrem Inneren absondern.“

Die Bakterien zersetzten ungefähr 40 % des partikelgebundenen organischen Materials innerhalb einer Woche zu Kohlendioxid, als Reste blieben sternförmige Strukturen übrig. Die Ergebnisse lassen auf einen neuen Abbauweg von Algenbiomasse zu bakterieller Biomasse schließen, im weiteren Sinne einem Mechanismus, Kohlenstoffverbindungen in den oberen lichtdurchfluteten Zone des Meeres zu halten.

Weitere Informationen

Dr. Abdul R. Sheik, +352 46 66 44 5746, abdul.sheik@uni.lu
Prof. Dr. Marcel Kuypers, +49 421 2028602, mkuypers@mpi-bremen.de
Pressesprecher
Dr. Manfred Schloesser, +49 421 2028704, mschloes@mpi-bremen.de
Beteiligte Institutionen
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen
Royal Netherlands Institute for Sea Research, Texel
Institute for Biodiversity and Ecosystems Dynamics, Amsterdam
Originalpublikation
Responses of the coastal bacterial community to viral infection of the algae Phaeocystis globosa
Abdul R. Sheik, Corina P. D. Brussaard, Gaute Lavik, Phyllis Lam, Niculina Musat, Andreas Krupke, Sten Littmann, Marc Strous and Marcel M. M. Kuypers

doi: 10.1038/ismej.2013.135

Media Contact

Dr. Manfred Schloesser Max-Planck-Institut

Weitere Informationen:

http://www.mpi-bremen.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer