Erstmals können Forscher der Humboldt Universität zu Berlin, des Bernstein Zentrums Berlin und des Exzellenzclusters NeuroCure erklären, wie die zelluläre Architektur des Ortsgedächtnisses mit dessen Rolle bei der Orientierung zusammenhängt. In der Fachzeitschrift Neuron präsentieren sie eine neue Technik, mit der sie die Aktivität und Verschaltung einzelner Nervenzellen in freilaufenden Tieren untersuchen konnten. Diese Methode ermöglichte es ihnen, die Schaltkreise zu identifizieren, mit denen Ratten die räumliche Struktur ihrer Umwelt erfassen und erlernen.
Die spezielle Verschaltung zweier Zelltypen ist die Grundlage unseres Ortsgedächtnisses. Henrik Gerold Vogel/ pixelio.de
Welche Zellen in unserem Gehirn wann miteinander kommunizieren, ist bis heute noch weitgehend unverstanden. Denn bisher mussten Wissenschaftler wählen: Entweder untersuchten sie Aufbau und Verknüpfungen, indem sie die Zellen anfärbten oder sie maßen deren Aktivität. Beides gleichzeitig zu erfassen galt besonders bei freilaufenden Tieren als beinahe unmöglich.
Nun konnten Professor Dr. Michael Brecht, Leiter des Bernstein Zentrums Berlin, und sein Kollege Dr. Andrea Burgalossi mit einer neuen Methode diese Probleme lösen. In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin entwickelten sie einen neuen Stabilisierungsmechanismus für die Messelektrode. Er erlaubte ihnen, Zellen im Bereich des Ortsgedächtnisses der Ratte (den medialen entorhinalen Kortex) anzufärben und gleichzeitig deren Aktivität zu messen, während die Tiere ihre Umwelt erkundeten. Anatomische Untersuchungen gaben Aufschluss über die Verschaltung der gemessenen Zellen. Mit dieser neuen Methode konnten die Wissenschaftler erstmals die neuronalen Schaltkreise darstellen, die für die räumliche Orientierung verantwortlich sind.
Orientierung und räumliches Gedächtnis zusammenarbeiten, war bislang unbekannt.
Michael Brecht und Andrea Burgalossi stellten jetzt fest, dass die funktionsgemäß unterschiedlichen Zelltypen in kleinen Feldern angeordnet und an klar abgegrenzten Stellen angelegt sind. Indem sie die Verbindungen zwischen den beiden Zelltypen darstellten, konnten die Forscher nachvollziehen, wie sie für die Entstehung des Ortsgedächtnisses zusammenarbeiten.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die beiden Zelltypen durch ganz gezielte Verbindungen miteinander kommunizieren. Diese könnten es den Tieren erlauben, Informationen über die räumliche Orientierung und die Blickrichtung zu vereinen. Diese Miniatur-Schaltkreise stellen möglicherweise die neuronalen Grundeinheiten dar, die den Orientierungssinn erzeugen. Die Alzheimer-Erkrankung hat in dieser Region des Gehirns ihren Ursprung. Betroffene leiden oft unter anderem an Orientierungslosigkeit. Erkenntnisse über die Organisation und Verschaltung der Zellen könnten damit auch zum grundlegenden Verständnis der Alzheimer’schen Erkrankung beitragen.
Das Bernstein-Zentrum Berlin ist Teil des nationalen Bernstein Netzwerks Computational Neuroscience (NNCN). Das NNCN wurde vom BMBF mit dem Ziel gegründet, die Kapazitäten im Bereich der neuen Forschungsdisziplin Computational Neuroscience zu bündeln, zu vernetzen und weiterzuentwickeln. Das Netzwerk ist benannt nach dem deutschen Physiologen Julius Bernstein (1835-1917).
Originalveröffentlichung:
Johannes Faber | idw
Weitere Informationen:
http://www.bccn-berlin.de
http://www.nncn.de
Weitere Berichte zu: > Bernstein > Burgalossi > Computational Neuroscience > NNCN > Neuroscience > Ortsgedächtnis > Ratte > Schaltkreis > Vermessung > Verschaltung > Zelltyp
Software mit Grips
20.04.2018 | Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Frankfurt am Main
Einen Schritt näher an die Wirklichkeit
20.04.2018 | Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie
Ein computergestütztes Netzwerk zeigt, wie die Ionenkanäle in der Membran von Nervenzellen so verschiedenartige Fähigkeiten wie Kurzzeitgedächtnis und Hirnwellen steuern können
Nervenzellen, die auch dann aktiv sind, wenn der auslösende Reiz verstummt ist, sind die Grundlage für ein Kurzzeitgedächtnis. Durch rhythmisch aktive...
Von einer einzigen Stammzelle zur Vielzahl hochdifferenzierter Körperzellen: Den vollständigen Stammbaum eines ausgewachsenen Organismus haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Berlin und München in „Science“ publiziert. Entscheidend war der kombinierte Einsatz von RNA- und computerbasierten Technologien.
Wie werden aus einheitlichen Stammzellen komplexe Körperzellen mit sehr unterschiedlichen Funktionen? Die Differenzierung von Stammzellen in verschiedenste...
University of Connecticut researchers have created a biodegradable composite made of silk fibers that can be used to repair broken load-bearing bones without the complications sometimes presented by other materials.
Repairing major load-bearing bones such as those in the leg can be a long and uncomfortable process.
Polymer-Leuchtdioden (PLEDs) sind attraktiv für den Einsatz in großflächigen Displays und Lichtpanelen, aber ihre begrenzte Stabilität verhindert die Kommerzialisierung. Wissenschaftler aus dem Max-Planck-Institut für Polymerforschung (MPIP) in Mainz haben jetzt die Ursachen der Instabilität aufgedeckt.
Bildschirme und Smartphones, die gerollt und hochgeklappt werden können, sind Anwendungen, die in Zukunft durch die Entwicklung von polymerbasierten...
Study published in the journal ACS Applied Materials & Interfaces is the outcome of an international effort that included teams from Dresden and Berlin in Germany, and the US.
Scientists at the Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) together with colleagues from the Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) and the University of Virginia...
Anzeige
Anzeige
Internationale Konferenz zur Digitalisierung
19.04.2018 | Veranstaltungen
124. Internistenkongress in Mannheim: Internisten rücken Altersmedizin in den Fokus
19.04.2018 | Veranstaltungen
DFG unterstützt Kongresse und Tagungen - Juni 2018
17.04.2018 | Veranstaltungen
Grösster Elektrolaster der Welt nimmt Arbeit auf
20.04.2018 | Interdisziplinäre Forschung
Bilder magnetischer Strukturen auf der Nano-Skala
20.04.2018 | Physik Astronomie
Kieler Forschende entschlüsseln neuen Baustein in der Entwicklung des globalen Klimas
20.04.2018 | Geowissenschaften