„Ulva“ kommt nur mit Bakterien in Form

Dr. Thomas Wichard von der Uni Jena erforscht den "Meersalat" (Ulva). Er ist Mitglied der Sektion Phykologie der Deutschen Botanischen Gesellschaft, die Ulva zur Alge des Jahres 2015 gekürt hat. Foto: Jan-Peter Kasper/FSU

Die Algenforscher der Deutschen Botanischen Gesellschaft (DBG) haben den „Meersalat“ (Ulva) zur Alge des Jahres 2015 gekürt. Das hat die Sektion Phykologie der Gesellschaft heute (5. Januar) bekanntgegeben.

Dr. Thomas Wichard von der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist Mitglieder der Sektion und stellt die Alge vor: „Die Algen wachsen bandförmig oder wie ein Salatblatt – allerdings nur wenn bestimmte Bakterien die Differenzierungs- und Entwicklungsprogramme der Grünalge anwerfen“, so der Biochemiker.

Weil Ulva ohne diese Bakterien kaum wachsen kann, locken die etwa 20 bis 30 Zentimeter langen Algen die richtigen Mikroorganismen in ihre Nähe. Wie Algen und Bakterien, zwei Lebewesen aus völlig verschiedenen Organismengruppen, Informationen miteinander austauschen, fasziniert Chemiker, Biologen und Algenforscher gleichermaßen, die derzeit die Art Ulva mutabilis als zukünftigen Modellorganismus etablieren möchten.

„An Ulva mutabilis lassen sich sowohl chemische Kommunikation als auch entwicklungsbiologische Vorgänge studieren“, begründet Dr. Wichard, warum er die Alge erforscht. Wichard ist Leiter der Arbeitsgruppe „Chemische Ökologie von Ulva“ des Instituts für Anorganische und Analytische Chemie und untersucht, wie Ulva mutabilis und ihre bakteriellen Begleiter sich wechselseitig informieren. „Die Bakterien sind dabei unersetzliche Helfer für das Wachstum, die Entwicklung der Blattform oder des Haftorgans, mit dem sich Ulva am Boden verankert.“

Die bakteriellen Partner unterstützen die Alge aber auch bei der Suche nach geeigneten Lebensräumen. Signalstoffe der Bakterien locken die Ulva-Keimzellen an geeignete Stellen. Die Jungalgen bilden dann mit den Bakterien einen Belag, etwa auf einem Felsen, wo die Grünalgen schließlich zu ihrer endgültigen Größe heranwachsen. Algen der Gattung Ulva finden sich aber nicht nur auf natürlichen Oberflächen, sondern auch an Schiffsrümpfen, wo sie das schnelle Fortbewegen der Boote behindern.

In der Natur können sich viele Ulva Arten massenhaft vermehren, wenn ungeklärte und sehr nährstoffreiche Abwässer aus Landwirtschaft und Städten ins Meer gelangen. Eine solche Algenblüte mit ihrer riesigen Pflanzenmasse gefährdete im Jahr 2008 beinahe die Durchführung der olympischen Segelregatta in China. Darüber hinaus lagert sich Ulva am Ufer ab und bildet Algenmatten, die den darunter liegenden Lebewesen die Luft nehmen.

Da aber Ulva andererseits überschüssige Nährstoffe aus Abwässern auch sehr schnell aufnehmen kann, tüfteln Forscher bereits daran, den Meersalat eines Tages als zuverlässigen Biofilter für die Abwasserreinigung zu nutzen.

Weitere Informationen zur Alge des Jahres, Fotos und ein Video, das zeigt wie die Forscher die Alge und ihre Keimzellen untersuchen, sowie Hinweise zu einem neuen EU-Forschungsprogramm sind zu finden unter: http://www.dbg-phykologie.de/pages/22PressemitteilungAlgeJahr2015.html.

Kontakt:
Dr. Thomas Wichard
Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Lessingstr. 8, 07743 Jena
Telefon: 03641 / 948184
E-Mail: Thomas.Wichard[at]uni-jena.de

http://www.dbg-phykologie.de/pages/22PressemitteilungAlgeJahr2015.html
http://www.uni-jena.de

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Dr. Ute Schönfelder idw - Informationsdienst Wissenschaft

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