Türsteher-Proteine für Pflanzenzellen

Nur mithilfe des TPLATE-Komplexes aus acht Proteinen können Pflanzen Stoffe mittels Endozytose aufnehmen.<br><br>copyright: Clara Sanchez-Rodriguez/MPI-MP<br>

Nährstoffe, Signalmoleküle oder sogar Viren docken laufend an Zellen an und wollen hinein. Doch nur wer von bestimmten Adapterproteinen innerhalb der Zellen erkannt wird, kann von ihnen mittels Endozytose aufgenommen werden.

Ein Forscherteam um Daniël van Damme von der Universität Gent und Staffan Persson vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam hat jetzt einen Proteinkomplex für die Endozytose identifiziert. Der neu entdeckte TPLATE-Komplex besteht aus acht Proteinen, die kaum Ähnlichkeit zu bereits bekannten Proteinen in Tier- oder Hefezellen haben. Die Forscher erhoffen sich in Zukunft ein besseres Verständnis davon, wie Moleküle erkannt und in die Zellen aufgenommen werden.

Die rezeptorvermittelte Endozytose ist einer der wichtigsten Mechanismen, mit dem Zellen Stoffe aufnehmen. Dabei fungieren intrazelluläre Adapterproteine als die Türsteher der Zelle: Nur wer von ihnen akzeptiert wird, hat eine Chance auf Einlass. Wenn Rezeptoren ein Molekül auf der Zelloberfläche erkennen, aktivieren sie die Adapterproteine, beispielsweise über Veränderungen ihrer räumlichen Struktur. Diese rekrutieren weitere Proteine, die dabei helfen, die Zellmembran einzustülpen (Clathrine) und abzuschnüren (Dynamine), damit Vesikel entstehen, innerhalb derer die Moleküle in die Zelle hinein gelangen. Dieser Prozess der Endozytose ist essenziell für Zellkommunikation, Signalweiterleitung, Nährstoffaufnahme und bei Pflanzen außerdem für die korrekte Gestaltbildung.

Mit Hilfe moderner Techniken haben die Wissenschaftler den Proteinkomplex TPLATE identifiziert, den es nur bei Pflanzen gibt. „Wenn wir die DNA-Sequenzen der acht Proteine mit Sequenzen aus Tier- oder Hefezellen abgleichen, erhalten wir kaum Übereinstimmungen und wenn, dann nur mit Proteinen, die gar nicht an der Endozytose beteiligt sind“, erklärt Clara Sánchez, eine der Erstautorinnen der Studie.

Den TPLATE-Komplex hat sich die Evolution also eigens für die Pflanzen ausgedacht. Das war doch überraschend, denn andere Mitspieler, wie die dreizackigen Clathrine, finden sich überall im Tier- und Pflanzenreich.

Die Forschung an Tier- und Hefezellen hat bereits viel Wissen über das komplexe Zusammenspiel der Moleküle bei der Endozytose angehäuft. Die Pflanzenwissenschaften hinken etwas hinterher, was unter anderem mit der pflanzlichen Zellwand zusammenhängt, die die mikroskopische Beobachtung der Endozytose erschwert. „Erst seitdem wir mit neuen Mikroskopen arbeiten, können wir die Aufnahme von Molekülen in die Zelle wirklich beobachten“, so Staffan Persson.

Ein weiteres Problem war, dass Defekte im TPLATE-Komplex für die Pflanzen meist tödlich sind. Um trotzdem die Folgen eines Ausfalls einer oder mehrerer Proteine des PLATE-Komplexes untersuchen zu können, mussten die Wissenschaftler Pflanzen züchten, bei denen diese Defekte an- und abgeschaltet werden können.

Als nächstes wollen die Forscher herausfinden, welche Güter vom TPLATE-Komplex erkannt werden. „Uns interessiert außerdem, warum die Evolution bei Pflanzen einen so anderen Weg eingeschlagen hat um Moleküle in Zellen aufzunehmen“, erklärt Persson.

Defekte in der Endozytose können auch beim Menschen zahlreiche Krankheiten auslösen oder tödlich sein.

Kontakte
Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie Potsdam-Golm
Dr. Staffan Persson – Persson@mpimp-golm.mpg.de; +49 (0)331 567 8155
Dr. Clara Sanchez-Rodriguez; Rodriguez@mpimp-golm.mpg.de; +49 (0)331 567 8151
VIB und Universität Ghent
Dr. Daniël Van Damme; daniel.vandamme@psb.ugent.be; +32 (0)9 33 13 913
Prof. Geert De Jaeger; geert.dejaeger@psb.ugent.be; + 32 (0)9 33 13 870
Originalveröffentlichung
Astrid Gadeyne, Clara Sánchez-Rodríguez, et al.
The TPLATE adaptor complex drives clathrin-mediated endocytosis in plants.
Cell, online publication
Weitere Informationen:
http://www.vib.be
http://www.UGent.be
http://www.mpimp-golm.mpg.de

Media Contact

Ursula Ross-Stitt Max-Planck-Institut

Weitere Informationen:

http://www.mpimp-golm.mpg.de

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