Trojanisches Pferd für Krebszellen

Wirkung amorpher Nanopartikel aus Eisen in Tumorzellen (c) Wiley-VCH

Amorphe Nanopartikel aus Eisen können in Tumorzellen eine tödliche Wirkung entfalten. Wie chinesische Wissenschaftler in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, setzen Nanopartikel, die aus Eisen in einem glasartig-amorphen, das heißt nicht metallischen Zustand bestehen, im sauren, wasserstoffperoxidreichen Milieu von Krebszellen selektiv reaktive Eisenionen frei. Dies bietet neue Perspektiven für chemodynamische sowie theranostische Ansätze in der Krebstherapie.

Krebszellen haben im Vergleich zu gesunden Zellen einen leicht saureren pH-Wert, zudem produzieren sie Wasserstoffperoxid in nicht unbeträchtlicher Menge. Dies bietet die Möglichkeit, Eisenionen in der Zelle mit dem Wasserstoffperoxid reagieren zu lassen, um durch die bekannte Fenton-Reaktion reaktive Sauerstoffspezies (ROS) zu produzieren.

Diese ROS können dann die Krebszellen angreifen und zerstören. Problematisch bei diesem Ansatz ist jedoch der Transport der empfindlichen Eisenionen bis hin zum Zielgewebe. Auch Nanopartikel aus Eisen eignen sich aus verschiedenen Gründen nicht gut. Jianlin Shi, Wenbo Bu und ihren Teams am Shanghai Institute of Ceramics gelang es nun, in Zusammenarbeit mit Gruppen an der Fudan University Shanghai (China) Nanopartikel aus Eisen in einem amorphen, glasartigen Zustand herzustellen.

„Interessanterweise weisen die Nanopartikel aus amorphem Eisen(0) verschiedene besondere physikalisch-chemische Eigenschaften auf“, schreiben die Wissenschaftler. So bieten sie einen guten Kontrast für die kernspintomographische Bildgebung, und es sollte möglich sein, sie durch Magnetic Targeting mit Magneten gezielt an ihren Wirkungsort zu lenken.

Durch Kernspintomographie lässt sich die Freisetzung von Eisenionen in der Zelle direkt sichtbar machen. „Idealerweise sollte der perfekte Trägerstoff seine Ladung genau dann absetzen, wenn er von der neutralen in die leicht saure Mikroumgebung des Tumors kommt“, schreiben die Autoren. In In-vitro- und In-vivo-Tests wiesen sie somit nach, dass der Fenton-Mechanismus wirksam ist.

„Die Ergebnisse bestätigen, dass die amorphen Eisen-Nanopartikel, Wasserstoffperoxid und die saure Umgebungsbedingung synergistisch zusammenwirken und die Zelle abtöten“, sagen die Autoren.

Durch Magnetic Targeting lassen sich die Eisen-Nanopartikel zudem in ihrem Zielgewebe konzentrieren. Die Wissenschaftler beobachteten, dass „durch die Magnete ein effizientes Targeting und eine effiziente Konzentration in vivo erreicht wurden, was eine gute Basis für chemodynamische Therapieansätze ist“.

Oberflächenmodifikationen an den Partikeln sollen die magnetische Zielführung weiter verbessern. Insgesamt haben also Shi und Bu mit ihrer eleganten „Hubble-Bubble“-Synthesemethode, die sie als Synthese ihrer glasartig-amorphen Eisen- Nanopartikel innerhalb der Doppelmembran von sehr feinen Bläschen beschreiben, ein kleines, aber sehr effektives trojanisches Pferd für Tumorzellen geschaffen. Es könnte, wie im Mausmodell gezeigt, sich für eine chemodynamische Krebstherapie eignen, indem es seine todbringende Wirkung erst in der Zielzelle entfaltet.

Angewandte Chemie: Presseinfo 01/2016

Autor: Jianlin Shi, Shanghai Institute of Ceramics, Chinese Academy of Sciences (China), http://english.sic.cas.cn/rh/RD/skl/rf/sjl/leader/

Permalink to the original article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201510031

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