TRMreport_03: „iPS-Zellen sind ein phantastisches Werkzeug“

Das Kürzel bezeichnet induzierte pluripotente Stammzellen. Diese entstehen, wenn ausgereifte Körperzellen reprogrammiert werden. Erstmals gelungen ist dieser Prozess dem japanischen Arzt und Forscher Shin’ya Yamanaka 2006. Im Dezember 2012 nun wird Yamanaka der Nobelpreis für Medizin zuerkannt.

Es ist eine Auszeichnung für die Grundlagenforschung. Dieser hat sich auch das Translationszentrum für Regenerative Medizin Leipzig verschrieben: Hier wird das medizinische Potenzial von iPS-Zellen im Kontext von Diabetes und Alzheimer erforscht.

„Induzierte pluripotente Stammzellen sind ein phantastisches Werkzeug.“ Wenn Prof. Ulrich Sack über iPS-Zellen und regenerative Forschung spricht, dann steht für ihn der wissenschaftliche Nutzen im Vordergrund. Die therapeutische Perspektive sieht er ebenso, beurteilt diese jedoch mit einer gewissen Vorsicht. „Dafür wissen wir einfach noch zu wenig.“ Mehr zu lernen über den pluripotenten Charakter von Stammzellen, über die Differenzierung von Zellen, über die regulatorischen Mechanismen bei der Ausbildung unterschiedlicher Zelltypen – all dies grundlegend zu studieren, ohne auf embryonale Stammzellen zugreifen zu müssen, das ist aus Sicht des Direktors für Forschung am Translationszentrum für Regenerative Medizin (TRM) Leipzig der erste Vorzug von iPS-Zellen.

Es ist gerade sechs Jahre her, dass Shin’ya Yamanaka und sein Team an der Universität Kyoto den iPS-Zellen auf die Spur kamen. Seither ist die Methode vereinfacht worden – und iPS-Zellen sind in der Stammzellforschung als entscheidende Alternative zu embryonalen Stammzellen anerkannt. „Auch wenn es Unterschiede zwischen induzierten pluripotenten und embryonalen Stammzellen gibt, für die Untersuchung der Genotoxizität von Wirkstoffen, der Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten, für die Pharmaforschung generell, werden iPS-Zellen zunehmend wichtiger“, skizziert Prof. Sack den zweiten Vorzug der landläufig als „Alleskönner-Zellen“ bezeichneten iPS-Zellen.

Doch „Alleskönner“, die in naher Zukunft gleichermaßen große Volkskrankheiten wie seltene Erbkrankheiten heilen, das sind iPS-Zellen nicht. Darin stimmt der Forschungsdirektor mit Dr. Insa Schroeder und Dr. Alexandra Stolzing überein. Die Wissenschaftlerinnen leiten am TRM Leipzig Forschungsvorhaben zu induzierten pluripotenten Stammzellen. Mit Diabetes mellitus und Morbus Alzheimer sind die Projekte auf Erkrankungen gerichtet, die unzählige Patienten treffen und enorme Gesundheitskosten verursachen. Auch wenn sich Diabetes mittels Insulin behandeln und Alzheimer medikamentös verzögern lässt, Heilung im Sinne der Wiederherstellung der geschädigten oder zerstörten Zellen in der Bauchspeicheldrüse bzw. im Gehirn ist derzeit nicht absehbar. An diesem Punkt setzt regenerative Forschung an: Sie zielt auf den Ersatz verlorener Zellen in ihrer vollen Funktionalität und an ihrem angestammten Ort.

Dr. Insa Schroeder forscht zur Bauchspeicheldrüse. Im speziellen hat sie sich der Betazelle zugewandt, jener Zelle, die im menschlichen Organismus Insulin produziert und speichert. Auf zwei Feldern ist sie in den vier Jahren seit 2009 am TRM Leipzig vorangekommen: Zum einen bei der Etablierung eines Modells zur Reprogrammierung von iPS-Zellen aus patientenspezifischen Keratinozyten. Zum anderen bei der Verbesserung der Differenzierung von embryonalen Stammzellen (ES) zu insulinproduzierenden Betazellen mittels microRNA. Neben der speziellen Eignung von iPS-Zellen für derartige In-vitro-Testverfahren, rückt die Methode sukzessive als Zellersatztherapie in den Fokus. Dafür steht das Projekt von Dr. Alexandra Stolzing, Leiterin der TRM-Forschungsgruppe „Alzheimer-Therapie“.

Das Konzept setzt bei den Mikrogliazellen an. Das sind Immunzellen des Zentralen Nervensystems, die mit zunehmendem Alter an Funktionalität verlieren und beispielsweise die Alzheimer-typischen Protein-Ablagerungen nicht mehr abbauen können. Die Reprogrammierung von Hautzellen und deren Differenzierung in Mikrogliazellen sind bereits gelungen; im Maus-Modell zeigte sich nach der Transplantation, dass die Protein-Plaques im Gehirn vergleichsweise zügig abgebaut waren. Im nächsten Schritt werden diese Erkenntnisse auf das Großtiermodell übertragen.

Leipzig ist ein absoluter Schwerpunkt der Biomedizin und der regenerativen Medizin; an stammzellbezogenen Themen arbeiten zahlreiche Gruppen der Universität Leipzig, bei Fraunhofer und Helmholtz, in der BioCity, am Universitätsklinikum, am Herzzentrum und eben auch am Translationszentrum für Regenerative Medizin. „Leipzig und Biotechnologie“ – dass dieses Wortpaar eines Tages den selben wertvollen Klang hat wie „Jena und Optik“, darauf setzen Ulrich Sack, Insa Schroeder und Alexandra Stolzing.

Autorin: Daniela Weber (TRM)

Das Translationszentrum für Regenerative Medizin (TRM) Leipzig wurde im Oktober 2006 gegründet, um Forschungsergebnisse der regenerativen Medizin zügig in die klinische Anwendung zu überführen. Das Zentrum unterstützt junge Forschungsvorhaben, die Produkte und Verfahren für Diagnostik und Therapie entwickeln und erfolgreich in die klinische Anwendung bringen wollen. Es wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, den Freistaat Sachsen und die Universität Leipzig gefördert.

Link
Der vollständige TRMreport_03 ist zu finden unter:
http://www.trm.uni-leipzig.de/de/press/trmreport/r-press-a-438.html

Kontakt
Dr. Ulrich Sack
Translationszentrum für Regenerative Medizin
Universität Leipzig
Philipp-Rosenthal-Straße 55, 04103 Leipzig
Tel.: 0341/97 39600
E-Mail: research@trm.uni-leipzig.de
Dr. Insa Schroeder
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Institut für Anatomie und Zellbiologie
Große Steinstr. 52, 06097 Halle (Saale)
Tel.: +49 345 557-1742
E-Mail: insa.schroeder@trm.uni-leipzig.de
Dr. Alexandra Stolzing
Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie
Perlickstr. 1, 04103 Leipzig
Tel.: +49 341 3553-63405
E-Mail: alexandra.stolzing@trm.uni-leipzig.de
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