Treteimer-Mechanismus bei Darmbakterien entdeckt

Die Grafik zeigt, wie dieser Prozess durch ein substrat-bindendes Protein (SusD, in pink) und Lipoproteine (SusEF, in blau) unterstützt wird. Karunakar R. Pothula / Jacobs University

Die Forscher unter der Leitung von Professor Bert van den Berg von der Newcastle University und mit der Beteiligung von Professor Ulrich Kleinekathöfer und Professor Mathias Winterhalter von der Jacobs University in Bremen stellen heute (11. Januar 2017) im international renommierten Wissenschaftsmagazin Nature ihre Erkenntnisse vor.

Der menschliche Dickdarm ist von einer äußerst dichten Bakterienpopulation besiedelt, die kollektiv als die Mikrobiota oder Darmflora bezeichnet wird. Aktuelle Forschungen deuten darauf hin, dass die Mikrobiota wichtig für die menschliche Gesundheit ist und mit Autoimmunerkrankungen, Krebs und Adipositas in Verbindung steht.

Die Funktion und Zusammensetzung der mikrobiellen Darmflora sind abhängig von der Fähigkeit einzelner Mikroorganismen, sich im Umfeld des menschlichen Dickdarms Nährstoffe wie Stärke und andere Polysaccharide zu beschaffen. Dabei stehen sie in starkem Wettbewerb mit anderen Mikroorganismen.

Der Prozess der Nahrungsbeschaffung wird von in der Bakterienzellwand eingelagerten Proteinmaschinen ausgeführt. Bei vielen Darmbakterien handelt es sich hierbei um Zwei-Komponenten-Komplexe aus einem substratbindenden Protein (SusD) und einem kanalbildenden Transportprotein (SusC).

Die Wissenschaftler der Newcastle University berichten heute, dass sie die ersten dreidimensionalen atomaren Strukturen von SusCD-Komplexen mittels Röntgenkristallographie bestimmt haben. Die Arbeitsgruppe von Professor Kleinekathöfer von der Jacobs University hat auf Basis dieser Strukturdaten molekulare Simulationen durchgeführt. Mithilfe von biophysikalischen Methoden hat die Arbeitsgruppe von Professor Winterhalter die Transporteigenschaften des kanalbildenden Proteins SusC analysiert.

Hierbei zeigte sich: Die SusCD-Komplexe funktionieren wie ein Treteimer, wobei SusD den „Deckel“ auf dem „Eimer“ SusC bildet. Wenn kein Substrat vorhanden ist, kann sich der Deckel öffnen. Nach der Substrataufnahme schließt sich der Deckel und das Substrat wandert in den Eimer, um in die Zelle transportiert zu werden.

„Wir sind sehr froh, dass unsere Kenntnisse als Biophysiker in dieser internationalen und interdisziplinären Forschungsgruppe dazu beitragen konnten, eine Frage von möglicher medizinischer Bedeutung zu klären“, so Kleinekathöfer und Winterhalter.

Die Untersuchung liefert grundlegende Erkenntnisse zur Funktionsweise der Mikrobiota und zum Verständnis der Symbiose der menschlichen Darmflora. Solche Ergebnisse sind eine notwendige Ergänzung zu den aktuellsten Forschungen im Bereich Mikrobiota, die sich vornehmlich mit Fragen der Systembiologie befassen wie zum Beispiel, welche Bakterien sich unter welchen Bedingungen im menschlichen Dickdarm befinden.

Weitere Informationen finden Sie unter:
http://dx.doi.org/10.1038/nature20828
Titel des Artikels: Structural basis for nutrient acquisition by dominant members of the human gut microbiota

Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Ulrich Kleinekathöfer | Professor of Theoretical Physics
u.kleinekathoefer@jacobs-university.de | Tel.: +49 421 200-3523

Über die Jacobs University:
Die Jacobs University ist eine private, unabhängige, englischsprachige Universität in Bremen. Hier studieren junge Menschen aus der ganzen Welt in Vorbereitungs-, Bachelor-, Master- und PhD-Programmen. Internationalität und Transdisziplinarität sind die besonderen Kennzeichen der Jacobs University: Forschung und Lehre folgen nicht einem einzigen Lösungsweg, sie gehen Fragestellungen aus der Perspektive verschiedener Disziplinen an. Dieses Prinzip macht Jacobs Absolventen zu begehrten Nachwuchskräften, die erfolgreich internationale Karrierewege einschlagen.

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