Strom aus dem Meer?

Sonne und Wind haben als regenerative Energiequellen einen gravierenden Nachteil: Es ist nicht immer sonnig oder windig. Die Wellen der Ozeane stehen dagegen niemals still. Amerikanische Forscher wollen jetzt Wasserwellen zur Energiegewinnung nutzen: mit einer Kontaktelektrisierung zwischen einem Kunststoffnanomuster und Wasser. In der Zeitschrift Angewandte Chemie stellen sie einen preisgünstigen und einfachen Prototyp eines triboelektrischen Nanogenerators vor, der außer zur Energiegewinnung auch als chemischer und Temperatursensor dienen könnte.

Unter dem triboelektrischen Effekt versteht man die elektrische Aufladung zweier Materialien durch Kontakt und anschließendes Trennen – im Alltag bemerkt man ihn etwa, wenn es beim Pulli ausziehen, vornehmlich bei trockener Luft, knistert. Zhong Lin Wang und ein Team vom Georgia Institute of Technology in Atlanta haben bereits einen triboelektrischen Nanogenerator auf Basis zweier Festkörper entwickelt, der genug Leistung bringt, um einen Mobiltelefon-Akku zu laden – hohe Luftfeuchte stört allerdings den Betrieb.

Wie also soll diese Technik mit Wasserwellen arbeiten können? Der triboelektrische Effekt ist nicht auf Festkörper beschränkt, sondern kann auch bei Flüssigkeiten auftreten. Voraussetzung ist lediglich, dass bestimmte elektronische Energieniveaus zweier Stoffe günstig zueinander liegen. Das Wasser braucht also nur den passenden Partner –etwa bestimmte Kunststoffe.

Für ihren Prototypen stellten die Forscher einen isolierten Kunststoff-Tank her, dessen Deckel und Boden eine Kupferfolie als Elektroden enthält. Erfolgsgeheimnis ist eine Schicht aus Polydimethylsiloxan (PDMS) auf der Deckelinnenseite, die mit einem Nanomuster aus winzigen Pyramiden ausstattet wurde. Dieser Tank wird mit deionisiertem Wasser gefüllt. Kommen die PDMS-Nanopyramiden durch Absenken des Deckels mit dem Wasser in Kontakt, werden Atomgruppen des PDMS ionisiert und so negativ geladen. Im Gegenzug entsteht eine positiv geladene Schicht auf der Wasseroberfläche. Wird die PDMS-Schicht aus dem Wasser gehoben, bleiben die elektrischen Ladungen erhalten.

Es entsteht eine Spannung zwischen PDMS und Wasser. Damit möglichst wenig Wasser haften bleibt, was die Spannung mindert, wurde PDMS als hydrophobes Polymer gewählt, und die Pyramidenform, von der das Wasser gut abtropfen kann. Periodisches Heben und Senken und das Verbinden der Elektroden über einen Gleichrichter und einen Kondensator erzeugt einen Gleichstrom, mit dem 60 LEDs zum Leuchten gebracht werden konnten. Ein periodischer Kontakt mit Wasser kann auch durch Wellen zustande kommen. Tests mit Salzwasser zeigten zudem, dass der Generator weniger Output liefert, prinzipiell aber mit Meerwasser betrieben werden könnte.

Die Stromwerte nehmen mit steigender Temperatur deutlich ab, der Aufbau könnte daher auch als Temperatursensor verwendet werden. Auch wenn Ethanol ins Wasser gegeben wird, nehmen sie ab. Dies belegt das Potenzial des Systems als chemische Sensoren. Durch Anknüpfen spezifisch bindender Sondenmoleküle könnten z.B. Sensoren für Biomoleküle hergestellt werden.

Angewandte Chemie: Presseinfo 40/2013

Autor: Zhong Lin Wang, Georgia Institute of Technology, Atlanta (USA),
http://www.nanoscience.gatech.edu/group/Current%20Members/Group%20Leader/
Zhong%20Lin%20Wang.php
Angewandte Chemie, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201307249

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Dr. Renate Hoer GDCh

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