Sterile Fliegenmännchen gegen Schlafkrankheit

Der Wiener Zoologe Helmut Kratochvil vom Department für Evolutionsbiologie der Fakultät für Lebenswissenschaften der Universität Wien arbeitet intensiv an der Bekämpfung der gefährlichen Schlafkrankheit.

In einem Großprojekt werden sterile Fliegenmännchen freigesetzt, die die Gesamtpopulation der Fliegen drastisch reduzieren soll. Der Forscher untersucht in seinem Akustiklabor den „Gesang“ der Fliegen, um die Qualität der gezüchteten Tiere genau feststellen zu können.

„Das ideale Männchen ist steril, immens aktiv und stirbt bereits nach kurzer Lebenszeit“, so Kratochvil im pressetext-Interview. Die am besten geeigneten Tiere werden als Puppen verschickt und freigelassen.

„Die Methode der Freisetzung steriler Tsetsefliegen-Männchen hat sich gut bewährt“, so der Zoologe. Das Forscherteam um den Biologen hat sich seit Jahren intensiv mit der Rufaktivität der männlichen Fliegen beschäftigt. „Wir haben entdeckt, dass die Fitness der Männchen unmittelbar mit der Rufaktivität in Zusammenhang steht und nicht mit der Art der Signale.“ Gemeinsam mit dem Institut für Schallforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hat Kratochvil ein verwertbares Verfahren entwickelt, das im Wesentlichen auf einer neuen Schallanalysesoftware basiert, die die Rufaktivitäten der Männchen automatisch misst und auswertet.

„Die Methode ist generell sehr aufwändig und auch sehr teuer, da nur die Männchen gefragt sind, die zu einer Senkung der gesamten Population beitragen können“, erklärt der Forscher. Pro Million vermuteter freilebender Männchen müssen mindestens neun Mio. sterilisierte männliche Fliegen mehrere Jahre hintereinander ausgesetzt werden. „Eine andere Besonderheit der blutsaugenden Tsetsefliegen – von denen es mehr als 30 Arten gibt – ist die Tatsache, dass die Weibchen lebendgebärend sind und nur einmal Nachwuchs produzieren“, erklärt der Forscher. Zudem gebären weibliche Fliegen nur eine sehr kleine Zahl von Jungen.

Die Sterilisation der Männchen erfolgt durch radioaktive Strahlung der Larven in speziellen Zuchtanlagen wie etwa im Forschungszentrum Seibersdorf. Die Bestrahlung erfolgt im Auftrag der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA. Auf der Suche nach einem Qualitätskriterium zur Beurteilung der Nachzucht, ist die Behörde an den Forscher herangetreten und hat nach einem akustischen Testverfahren zur Qualitätsprüfung der sterilen Männchen gebeten. Erst kürzlich hat Kratochvil in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba bei der IAEA-Abschlusskonferenz des Projekts seine Arbeit präsentiert.

„Die tagaktive Tsetsefliege ist nicht nur für den Menschen gefährlich, sondern auch für das Vieh. Ein Beispiel dafür ist die Nagana-Seuche von der Rinder und Pferde betroffen sind“, so der Forscher. Die eigentlichen Erreger der Erkrankung sind aber nicht die Fliegen selbst, sondern parasitär lebende Einzeller. „Trotzdem hat sich die Ausbringung von unfruchtbaren Männchen zur Bekämpfung der Erkrankung durchgesetzt.“ Bei anderen durch Insekten übertragende Krankheiten wie etwa der Malaria sei das aufgrund der völlig anderen Reproduktionsarten nicht möglich. „Unsere Methode zur Prüfung der Fitness der Männchen hat sich jedenfalls gut bewährt und wird in Zukunft weltweit angewandt“, so der Forscher abschließend im pressetext.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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