Wie stabil ist das Hepatitis-C-Virus?

Gemeinsame Pressemitteilung von Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung und Twincore.

Die Hepatitis-C-Virus– kurz HCV – Infektion ist eine tückische Krankheit. Das Virus führt bei etwa 70 Prozent der Infizierten meist unbemerkt zu einer chronischen Leberinfektion. Mit dieser steigt für die Patienten das Leberkrebsrisiko. Wissenschaftler vom TWINCORE und der Medizinischen Hochschule Hannover wollten wissen, wie lange das Virus ohne einen Wirt in Flüssigkeiten überlebt – um Patienten, Pflegepersonal und Ärzte sicher vor Infektionen schützen zu können.

„Die Stabilität von HCV konnte bisher nicht direkt untersucht werden“, sagt Dr. Sandra Ciesek, Ärztin der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der MHH und gleichzeitig Wissenschaftlerin am TWINCORE, „denn das Virus konnte nicht im Labor gezüchtet und nachgewiesen werden.“ Meist gelangt das Virus über einen Nadelstich in den Körper oder über Blut-Blut Kontakt. Die Stabilität von HCV, etwa in einer Spritzen-Spülflüssigkeit oder einer Infusionslösung, konnten Mediziner nur schätzen – durch Untersuchungen mit Ersatzviren, die Rinder infizieren, aber nicht Menschen. Und auch der Nachweis der Viren war nur über einen Umweg möglich: Forscher haben nur das Erbgut der Viren nachgewiesen. „Teile des Erbguts allein sind aber noch nicht ansteckend“, sagt Dr. Eike Steinmann, Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe Experimentelle Virologie am TWINCORE. „Wir haben in diesem Projekt mit einem neuen Zellkultursystem in der Arbeitsgruppe um Prof. Thomas Pietschmann gearbeitet. Damit können wir direkt die infektiösen Viren nachweisen.“

Die beiden Forscher haben HCV über zwei Jahre auf alle möglichen Arten zerstört: Sie haben die Viren in den Kühlschrank gestellt, erhitzt, bei Raumtemperatur stehen lassen, mit Säuren und Laugen versetzt und sie mit verschiedenen Alkoholen und handelsüblichen Desinfektionsmitteln behandelt. Die gute Nachricht: Alle Alkohole und Desinfektionsmittel wirken. „Allerdings ist das Virus bei Raumtemperatur relativ stabil. Es hält sich drei Wochen lang in einer Flüssigkeit“, sagt Sandra Ciesek. „Das bedeutet in der Praxis, dass unsere strengen klinischen Hygienemaßnahmen tatsächlich gerechtfertigt sind.“

Und wenn Klinik und Grundlagenforschung sich zusammentun, entstehen wie von selbst reihenweise neue Fragen. So hat der Nachweis der aktiven Viren – gegenüber den Erbgutteilen – gezeigt, dass die Ansteckungsgefahr durch HCV in einigen Bereichen neu geprüft werden muss. Offenbar lauert nicht überall, wo Erbgut zu finden ist, auch unbedingt Ansteckungsgefahr. Zwar ist das Risiko, sich in einem gemeinsamen Haushalt oder über sexuelle Kontakte mit HCV zu infizieren, ohnehin extrem gering, aber diese Risiken genau zu kennen, kann sie noch weiter verringern. So sind diese Fragen – etwa für Samenflüssigkeit – noch längst nicht alle geklärt. Und auch der Stabilität des Virus gehen die Wissenschaftler weiter auf den Grund: „Wir werden gemeinsam untersuchen, wie sich das Virus verhält, wenn es antrocknet. Handschuhe, Holz, Stahl – wir werden alle Arten von Oberflächen testen, die in der Klinik vorkommen“, plant Eike Steinmann. Denn ein Tropfen Flüssigkeit trocknet schnell ein und dann deutet nicht einmal mehr etwas auf eine Gefahr hin.

Twincore: Zentrum für Experimentelle und Klinische Forschung
Das TWINCORE ist ein Translationszentrum – gemeinsam gegründet vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Forschungsschwerpunkt ist die Suche nach neuen Strategien für die Diagnose, Vorbeugung und Therapie von Infektionserkrankungen. Der Weg dorthin ist die Translation – eine enge Verzahnung von Grundlagen- und klinischer Forschung.

Weitere Informationen finden Sie unter http://www.twincore.de

Bildmaterial:
Bildmaterial zu dieser Pressemitteilung erhalten Sie unter presse@twincore.de
Ansprechpartner:
Dr. Sandra Ciesek, sandra.ciesek(at)twincore.de
Tel: +49 (0)511-220027-133
Dr. Eike Steinmann, eike.steinmann(at)twincore.de
Tel: +49 (0)511-220027-133

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Dr. Bastian Dornbach Helmholtz-Zentrum

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