So wirkt Placebo

Es gibt viele verschiedene Wege, über die psychologische Faktoren unsere Schmerzwahrnehmung beeinflussen können: zum Beispiel die Lenkung der Aufmerksamkeit, Hypnose oder eben der sogenannte Placebo-Effekt. Doch welche neurobiologischen Mechanismen sorgen dafür, dass die Schmerzempfindung reduziert wird?

Der UKE-Forscher Falk Eippert, Institut für Systemische Neurowissenschaften, konnte zusammen mit Prof. Dr. Christian Büchel, Dr. Jürgen Finsterbusch und Dr. Ulrike Bingel nachweisen, dass ein Placebo-Effekt mit einer verringerten Nervenzellaktivität im Rückenmark einhergeht. Ihre Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift „Science“ (Vol. 326, 16. Oktober 2009) publiziert.

Bisher lieferten Neurowissenschaftler für den Placebo-Effekt diese Erklärung: Der Glaube an die Wirksamkeit eines Schmerz-Medikaments führt im Gehirn zur Ausschüttung von endogenen Opiaten – auch Endorphine genannt. Dies passiert sowohl in der beim Menschen besonders ausgeprägten frontalen Großhirnrinde, wie auch in evolutionär älteren Arealen im Hirnstamm. Die Ausschüttung dieser endogenen Opiate geht mit einer verminderten Schmerzwahrnehmung und einer entsprechend geringeren Antwort von Nervenzellen in schmerzverarbeitenden Hirnarealen einher. Wie diese Opiatausschüttung und die Reduktion der schmerz-relevanten Nervenzellaktivität zusammenhängen, war bisher ungeklärt.

In einer früheren Studie konnte Falk Eippert vom Institut für Systemische Neurowissenschaften bereits zeigen, dass Placebo-Effekte – also eine verringerte Schmerzwahrnehmung trotz physikalisch gleicher Stimulation – mit einer verstärkten endorphinergen Kopplung zwischen frontalen Arealen der Großhirnrinde und dem Hirnstamm einhergehen. Jüngste technische Entwicklungen ermöglichten es Falk Eippert nun, mittels hochauflösender kernspintomographischer Aufnahmen des menschlichen Rückenmarks nachzuweisen, dass ein Placebo-Effekt mit einer verringerten Nervenzellaktivität im Rückenmark, der ersten Station des Zentralnervensystems, einhergeht. Somit konnte gezeigt werden, dass psychologische Faktoren der Schmerzmodulation tief im Hirn verwurzelt sind.

Die Tatsache, dass solche Einflüsse im menschlichen Rückenmark messbar sind, ist auch für klinische Studien zur Testung von neuen Medikamenten relevant, da man somit deren Effektivität und Wirkungsort genauer untersuchen kann.

Media Contact

Maren Puttfarcken idw

Weitere Informationen:

http://www.uke.uni-hamburg.de

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