Serotonin vermittelt Bildung neuer Nervenzellen bei körperlicher Aktivität

Maus im Laufrad<br>(Photo: Friederike Klempin und Daniel Beis/ Copyright: MDC) <br>

Das haben jetzt Dr. Friederike Klempin, Daniel Beis und Dr. Natalia Alenina aus der Forschungsgruppe von Prof. Michael Bader am Max-Delbrück-Centrum (MDC) Berlin-Buch herausgefunden. Mäuse, die aufgrund einer Veränderung im Erbgut kein Serotonin im Gehirn bilden, haben zur Überraschung der Forschergruppe zwar die gleiche Anzahl neugebildeter Nervenzellen wie Mäuse mit Serotonin. Bei ihnen wird jedoch die Nervenzellneubildung durch Rennen im Laufrad nicht erhöht. (Journal of Neuroscience, Doi:10.1523/JNEUROSCI.5855-12.2013)*.

Schon länger war bekannt, dass Bewegung die Nervenzellneubildung in einer bestimmten Hirnregion, dem Hippocampus, fördert. Der Mechanismus war jedoch noch unklar. Der Hippocampus spielt eine wichtige Rolle beim Lernen sowie der Gedächtnisbildung und ist eine der Gehirnregionen, wo zeitlebens neue Nervenzellen gebildet werden.

Serotonin fördert offenbar auch Zellreifung
Die Forscherinnen und Forscher konnten jetzt zeigen, dass Mäuse, die Serotonin bilden, bei Bewegung vermutlich mehr von diesem Botenstoff ausschütten, was die vermehrte Entstehung neuer Vorläufer von Nervenzellen fördert. Hinzu kommt, dass Serotonin offenbar auch dafür sorgt, dass bestimmte Vorläuferzellen im Gehirn, also Abkömmlinge von Stammzellen, leichter zu Nervenzellen ausreifen.
Für Dr. Klempin und Dr. Alenina war es überraschend, dass bei Mäusen, die wegen einer Genveränderung kein Serotonin im Gehirn bilden können, die Nervenzellneubildung normal ist. Sie stellten jedoch fest, dass ein Teil der Stammzellen bei den Mäusen, denen Serotonin fehlt, absterben oder sich nicht weiterentwickeln.

Offenbar verfügen diese Tiere jedoch über einen Mechanismus, mit dessen Hilfe sie dieses Manko kompensieren können. Die Vorläuferzellen, eine Zwischenstufe in der Entwicklung von einer Stamm- zur Nervenzelle, teilen sich häufiger, möglicherweise, so die Forscherinnen, um den Vorrat an diesen Zellen aufrechtzuerhalten. Ein Zuwachs an Nervenzellen in Folge von Bewegung ließ sich aber auch bei den sportlichen Mäusen dieser Gruppe nicht feststellen. „Serotonin wird also nicht unbedingt für die Neubildung von Nervenzellen im ausgewachsenen Gehirn benötigt, ist aber unverzichtbar, damit sich durch körperliche Aktivität vermehrt neue Gehirnzellen im Hippocampus bilden können“, betonen sie.

Hoffen auf neue Therapieansätze bei Depressionen und Gedächtnisschwäche im Alter
Ein Mangel an Serotonin, im Volksmund auch als „Glückshormon“ bezeichnet, kann unter anderem die Ursache für Depressionen sein. Die Wissenschaft vermutet, dass schwere Depressionen unter Umständen auch auf die fehlende Neubildung von Nervenzellen im ausgewachsenen Gehirn zurückzuführen sind. „Unsere Erkenntnisse können möglicherweise dabei helfen, neue Ansätze zur Vorbeugung und Therapie von Depressionen zu entwickeln und auch altersbedingte Probleme beim Lernen und Erinnern zu behandeln“, hoffen Dr. Klempin und Dr. Alenina.

*Serotonin is required for exercise-induced adult hippocampal neurogenesis

Friederike Klempin1,*,#, Daniel Beis1,#, Valentina Mosienko1, Gerd Kempermann2,3, Michael Bader1, and Natalia Alenina1,*

1Max-Delbruck-Center for Molecular Medicine (MDC), 13125 Berlin, Germany
2Center for Regenerative Therapies Dresden (CRTD), 01307 Dresden, Germany
3German Center for Neurodegenerative Diseases (DZNE) Dresden, 01307 Dresden, Germany

* Corresponding authors # contributed equally

Kontakt:
Barbara Bachtler
Pressestelle
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
in der Helmholtz-Gemeinschaft
Robert-Rössle-Straße 10
13125 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 94 06 – 38 96
Fax: +49 (0) 30 94 06 – 38 33
e-mail: presse@mdc-berlin.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer