Das schwache Geschlecht: Männliche Honigbienen reagieren empfindlicher auf Parasiten als weibliche

Weibliche Arbeiterinnen und männlicher Drohn (rechts oben, mit grösserem Körper und grossen Augen). Geoffrey Williams, Universität Bern<br>

Geschlechtsunterschiede auf verschiedensten Ebenen sind, genauso wie beim Menschen, auch in der Tierwelt keine Seltenheit. Wie ein Team von Bienenforschern der Vetsuisse Fakultät der Universität Bern nun herausgefunden hat, wirken sich diese Unterschiede auch auf die Gesundheit der Honigbiene (Apis mellifera) aus. Männliche Honigbienen, die Drohnen, reagieren auf einen exotischen Darmparasiten namens Nosema ceranae wesentlich empfindlicher als ihre weiblichen Artgenossen, die sogenannten Arbeiterinnen.

Ursprünglich stammt dieser Darmparasit aus Asien, hat sich aber in den letzten Jahren weltweit stark ausgebreitet und könnte eine Rolle bei den hohen Völkerverlusten spielen, welche momentan in vielen Regionen der nördlichen Hemisphäre beobachtet werden. Aufgrund der kürzlichen Entdeckung des Parasiten ausserhalb von Asien ist nun eine ganze Reihe von Wissenschaftlern damit beschäftigt, diesen Parasiten genauer zu erforschen und besser zu verstehen. Die im Journal «PLOS ONE» publizierten Erkenntnisse zeigen hierbei eine hohe Empfindlichkeit der männlichen Honigbienen, welche eine zentrale Rolle bei der Vermehrung von Bienenvölkern spielen.

Männchen können ihre Funktion nicht mehr erfüllen

Honigbienen sind komplexe soziale Organismen, welche haplo-diploid sind, also sowohl nur eines als auch zwei Chromosomen aufweisen. Die beiden weiblichen Kasten, Arbeiterinnen und Königinnen sind – wie Menschen – diploid. Sie enthalten jeweils zwei Kopien von jedem Chromosom. Hingegen sind die männlichen Honigbienen, auch Drohnen genannt, haploid und haben somit nur einen einfachen Chromosomensatz.

Die sogenannte «Haploid-Susceptibility»-Hypothese besagt, dass haploide
Männchen aufgrund dieses Unterschiedes (haploid vs. diploid) anfälliger auf Krankheiten reagieren als ihre weiblichen Artgenossen — da dominante Gene auf einer Chromosomenkopie mutierte Gene auf der zweiten Kopie bei diploiden Organismen überdecken könnten. Das Forschungsteam um Geoffrey Williams und Peter Neumann von der Vetsuisse Fakultät der Universität Bern zeigt nun, dass männliche Honigbienen früher sterben und in einem schlechteren körperlichen Zustand sind, wenn sie mit dem exotischen Darmparasiten Nosema ceranae befallen sind als die Weibchen.

Die Beobachtung, dass männliche Bienen, welche mit Nosema ceranae infiziert sind, viel früher sterben und in einer schlechteren körperlichen Verfassung sind als die weiblichen Bienen, ist laut der Doktorandin Doktorandin Gina Retschnig besonders besorgniserregend: «Obwohl Drohnen keine wichtigen Aufgaben im Bienenstock erfüllen, wie das Arbeiterinnen in Form von Reinigen und Füttern tun, sind sie für die Begattung der Königinnen verantwortlich und ermöglichen dadurch die Entstehung neuer Bienengenerationen in den Völkern.

Ohne starke und rüstige Drohnen könnte die erfolgreiche Begattung von Königinnnen erheblich beeinträchtigt sein.» Aktuelle Studien, besonders aus den USA, bezeichnen schlechte Leistungen und Beeinträchtigungen der Königinnen als einer der Hauptursachen für Völkerverluste. Ein möglicher Grund für verfrühtes Ableben von Königinnen könnten qualitativ und quantitativ ungenügende, von den Drohnen übertragene Spermien während der Begattung sein.

Honig und Bestäubung

Honigbienen leisten, wie alle anderen Bestäuberinsekten, einen entscheidenden Beitrag zur Nahrungssicherung, indem sie die ökologisch und ökonomisch enorm wertvolle Bestäubungsarbeit leisten. Mehr als 24 Millionen Bienenvölker produzieren in ganz Europa jährlich 130‘000 Tonnen Honig und tragen zur Bestäubung zahlreicher landwirtschaftlicher Pflanzen bei – von der Karotte über die Mandel bis hin zum Raps. Der Wert für diese Bestäubungsleistung beläuft sich auf rund 4 Milliarden Euro.

Die Studie war Bestandteil des internationalen Projektes BEE DOC («Bees in Europe and the Decline of Honeybee Colonies») der europäischen Union und war eine Zusammenarbeit von Forschern des Institutes für Bienengesundheit der Universität Bern, dem Zentrum für Bienenforschung der Forschungsanstalt Agroscope, Schweiz, sowie dem Ökologischen Institut (Schwedische Universität für Agrarwissenschaften).

Artikel:
Gina Retschnig, Geoffrey R. Williams, Marion M. Mehmann, Orlando Yañez,
Joachim R. de Miranda, Peter Neumann: Sex-specific Differences in Pathogen Susceptibility in Honey Bees (Apis mellifera). PLOS ONE.

Verfügbar unter: http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0085261

Media Contact

Nathalie Matter idw

Weitere Informationen:

http://www.unibe.ch

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