Schneller Sepsistest rettet Leben

Die Blutvergiftung wird oftmals unterschätzt: Sie ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Hierzulande sterben jährlich rund 60 000 Menschen an einer Sepsis, fast ebenso viele wie am Herzinfarkt.

Patienten, die mit einer Blutvergiftung auf die Intensivstation kommen, haben nach Angaben des Kompetenznetzes Sepsis nur eine rund 50-prozentige Überlebenswahrscheinlichkeit. Eine der Ursachen für die hohe Sterblichkeitsrate liegt in der falschen Behandlung durch die späte Diagnose. Arzt und Patient mussten bislang oft bis zu 48 Stunden auf die Analyse aus dem Labor warten.

Künftig wird eine neue, mobile Diagnostik-Plattform für eine schnelle, kostengünstige Infektionsdiagnostik bereits während des Transports ins Krankenhaus sorgen. »MinoLab« besteht aus einer kreditkartengroßen Plastikkarte, die auf ein Analysegerät gesteckt wird, das kleiner als ein Notebook ist. Das System soll Ergebnisse in weniger als einer Stunde liefern und so eine lebensrettende Therapie ermöglichen.

Es basiert auf magnetischen Partikeln, die an den zu untersuchenden Zellen in einer Blutprobe andocken und das System vollautomatisch per Magnetkraft durchlaufen. Am Ende des Prozesses erfolgt die Diagnose per Magnetsensorik. Entwickelt wird »MinoLab« derzeit im gleichnamigen BMBF-Projekt vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI in Leipzig in Kooperation mit der Fraunhofer-Ausgründung Magna Diagnostics. Weitere Projektpartner sind das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM in Berlin, Siemens, Dice, microfluidic ChipShop und das Austrian Institute of Technology.

»Nach der Blutentnahme binden magnetische Nanopartikel über spezifische Fängermoleküle an die Zielzellen in der Blutprobe. Über einen simplen Magneten werden die Partikel samt Krankheitserreger auf die Plastikkarte überführt und durch verschiedene miniaturisierte Reaktionskammern bewegt. Dort erfolgt die Polymerase-Kettenreaktion, eine Methode, um selbst geringste DNA-Sequenzen von Pathogenen millionenfach zu kopieren. Nach erfolgter Vervielfältigung transportieren die Nanopartikel die Pathogen-DNA weiter in die Detektionskammer, in der ein neuartiger magnetoresistiver Biochip Krankheitserreger sowie Antibiotikaresistenzen erkennen kann«, erläutert Dr. Dirk Kuhlmeier, Wissenschaftler am IZI, das Verfahren.

»Sämtliche Reaktionen – von der Probenaufbereitung über die Zielmolekülisolation bis zum Nachweis – erfolgen dabei berührungsfrei und vollautomatisch«, sagt der Forscher. Der Routinebetrieb für den Laboranten wird damit deutlich vereinfacht. Zudem sinkt das Risiko einer Kontamination durch Bakterien, die über die Umwelt eingeschleust werden und einen Fehlalarm auslösen. »Durch die Kombination von magnetischen Nanopartikeln und neuartiger Mikrofluidik sparen wir nicht nur Zeit. Durch die Miniaturisierung entfällt zusätzlich ein umfangreicher apparativer Aufwand«, betont Kuhlmeier einen weiteren Vorteil.

Den Experten ist es bereits gelungen, die Sepsiserreger mit Hilfe magnetischer Nanopartikel zu isolieren und nachzuweisen. »Bis wir die Diagnoseplattform als Prototyp vorlegen können, dürften aber noch rund zwei Jahre vergehen«, sagt Kuhlmeier. Die Plattformtechnologie eigne sich jedoch nicht nur für Sepsistests, sondern könne Ärzte in Krankenhäusern und Praxen beim Beantworten verschiedenster molekularbiologischer Fragestellungen – von genetischen Prädispositionen bis zur Krebsdiagnostik – unterstützen.

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Dr. Dirk Kuhlmeier Fraunhofer Mediendienst

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