Reinlichkeit im Spatzennest – Nesthygiene spielt eine Rolle bei der Vermeidung von Kuckuckskindern

Eines der fünf Eier in diesem Gelege ist anders gemustert. Dies findet man häufig in Gelegen von Feldspatzen. Bild: Herbert Hoi / Vetmeduni Vienna<br>

Forscher vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung an der Vetmeduni Vienna untersuchten 60 Feldspatzennester und fanden heraus, dass die Vögel fremde Eier durchaus erkennen und diese auch aus dem Nest entfernen. Warum sie das tun, und ob angeborenes Putzverhalten dabei eine Rolle spielt veröffentlichten die Forscher vor Kurzem im Journal Plos One.

Ein Nest bauen, Eier legen, ausbrüten und sich um die Küken kümmern, das sind energieaufwändige Aufgaben für einen Vogel. Deshalb sind Vögel darauf bedacht, auch wirklich nur in die eigenen Jungen zu investieren. „Nestparasiten“, so nennen Experten die Eier die in fremden Nestern liegen, machen es den Vogeleltern oft nicht leicht. Die Fremdlinge müssen erkannt und aus dem Nest geworfen werden. Können die Vögel fremde Eier nicht von den eigenen unterschieden, riskieren sie, dass der fremde Nachwuchs sogar den eigenen tötet.

Nicht alle Vogelarten erkennen fremde Eier

Jede Vogelspezies hat ihre eigene Strategie, wie sie mit „Fremdlingen“ im Nest umgeht. Vögel zählen beispielsweise die Eier im Nest und erkennen so genau, wenn plötzlich eines zu viel ist. Andere orientieren sie eher an der Größe oder der Pigmentierung der Eier. Manche entdecken zwar, dass ihnen ein „Kuckucksei“ untergejubelt wurde, besitzen aber gar nicht die Kraft, das fremde Ei aus dem Nest zu schubsen. Einigen Vögeln sind fremde Eier im Nest gar egal. Auf jeden Fall ist die Erkennung fremder Eier nicht einfach und viele Vögel scheitern daran.

Motivation für den Eierrauswurf wird hinterfragt

Der Feldspatz (Passer montanus) produziert zwar, innerhalb seiner Art, ganz unterschiedlich große und gefärbte Eier. Verhaltensforscher Herbert Hoi und seine Kollegen vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung wollten dennoch wissen, wie gut der Feldspatz seine eigenen von fremden Eiern unterscheiden kann und ob er sie auch aus dem eigenen Nest entfernt. Dafür legten die Forscher echte Eier, aber auch Ei-Attrappen in Form von eiförmigen Scheiben in unterschiedlichen Farben und Größen, in die Nester. Die Verhaltensforscher entschieden sich für diese Objekte, da sie auch für kleine Singvögel leicht aus dem Nest zu entfernen sind. Es besteht keine Gefahr, dass Spatzen aufgrund ihrer zu geringen Körperkraft, Eier nicht aus ihren Brutstätten werfen können.

Die Forscher wollten wissen, warum die Spatzen bestimmte Objekte aus den Nestern entfernen, wie schnell sie das tun, wann und warum. Aus welchen Gründen die Feldspatzen fremde Eier aus ihre Nestern werfen, wurde bisher noch nicht untersucht. Sie legten deshalb zu unterschiedlichen Zeitpunkten (während des Eierlegens und während der Brutphase) fremde Eier bzw. Ei-Attrappen in die Nester, die sich stark von den arteigenen Eiern unterschieden.

Nester Sauberhalten als Motivation

Es stellte sich heraus, dass Feldspatzen etwa ein Drittel der fremden Eier während der Legephase aus dem Nest werfen. Die restlichen Fremdeier brüteten sie weiter aus. Die Ei-Attrappen wurden sogar zu über 80 Prozent aus den Nestern geworfen, ganz egal, ob währen des Eierlegens oder der Brutphase. Diese Resultate zeigen einerseits, dass die Spatzen fremde Eier erkennen können und diese auch aus ihren Nestern entfernen. Allerdings funktioniert dieses Verhalten nicht zu 100 Prozent. Entweder erkennen die Vögel nicht alle fremden Eier oder sie schaffen es nicht immer, die schweren Eier mit ihrem Schnabel aus den Nestern zu hieven. „Uns überraschte, dass die Vögel während der Legephase häufiger fremde Objekte aus ihren Nestern entfernten, als während der Brutphase. Wir glauben, dass die Feldspatzen das Ausbrüten fremder Eier so vermeiden möchten. Es gibt aber auch eine weitere Motivation: Das Sauberhalten der Brutstätte. Es zeigte sich, dass weiße und kantige Objekte während der Brutzeit weniger häufig entfernt wurden. Diese Formen und Farben erinnern die Vögel wahrscheinlich an Eischalen. Üblicherweise entfernen die Tiere diese Teile erst nach dem Schlüpfen der Küken und halten so das Nest für die Nachkommen sauber.“

Alle Experimente fanden in einer ländlichen Umgebung in der Nähe von Feuerbrunn (Niederösterreich) statt. Die Nistkästen waren in den örtlichen Weinbergen, an Zaunpfosten und Marillenbäumen montiert.

Der Artikel “Nest sanitation as the evolutionary background for egg ejection behaviour and the role of motivation for object removal” von Miroslav Poláèeka, Matteo Griggio, Michaela Bartíková, und Herbert Hoi wurde im Journal Plos One veröffentlicht.

http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0078771

Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist die einzige veterinärmedizinische, akademische Bildungs- und Forschungsstätte Österreichs und zugleich die älteste im deutschsprachigen Raum (gegründet 1765). Die Vetmeduni Vienna forscht an Themen, die für die Gesellschaft bedeutend sind. Ihr Augenmerk gilt der Tiergesundheit ebenso wie der präventiven Veterinärmedizin, dem öffentlichen Gesundheitswesen genauso wie der Lebensmittelsicherheit. Im Forschungsinteresse stehen die Schaffung wissenschaftlicher Grundlagen für das Wohlbefinden von Tieren, Themen der Tierhaltung, des Tierschutzes und der Tierethik.

Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und bildet zurzeit 2300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und modernste Forschungsinfrastruktur. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls dazu. http://www.vetmeduni.ac.at

Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr.phil. Herbert Hoi
Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung
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