Regeneration ganzer Körperteile?

Gen smp liefert wichtige Antworten zur Neubildung von Körpergewebe

Den molekularen Geheimnissen der Regeneration etwas mehr auf die Spur gekommen sind jetzt Forscher am DFG-Forschungszentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD) und am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Developmental Biology beschreiben sie die neu entdeckte Funktion des Zebrafisch-Gens fam53b/simplet (smp) in Bezug auf den Regenerationsprozess von Geweben. Die Definition solcher molekularer Faktoren ist, laut Dr. Antos vom CRTD, Voraussetzung dafür, zu verstehen, wie sich Körpergewebe nach Verlust wieder neu bildet.

Während der Neubildung von Schwanzflossen beim Zebrafisch reguliert smp zum einen die Vermehrung von Zellen und zum anderen die Aktivierung von Genen. In vorangegangenen Studien ist bereits die Rolle von smp im Prozess der Zellvermehrung identifiziert worden. In der nun vorliegenden Studie haben die Dresdner und Tübinger Forscher erkannt, dass smp während der frühen Regeneration der Schwanzflosse und des Herzens aktiv wird und die Struktur (Patterning) des neu entstehenden Gewebes maßgeblich beeinflusst. „Die starke Vermehrung von Zellen und die Regulierung von Genen nach dem Verlust von Körperteilen ist Teil des natürlichen Regenerationsprozesses bei Organismen, die die Fähigkeit besitzen, ganze Körperteile wiederherzustellen“, so Christopher Antos. „Der Zebrafisch kann verschiedene Gewebe, wie beispielsweise Flossen und Herz nach Teilverlust vollständig regenerieren.“ Dabei spielt smp eine wichtige Rolle: „Im Zebrafisch wird smp bei der Neubildung der Flossen und des Herzens 'angeschaltet'. Allerdings wird durch die Unterdrückung dieses Gens der Regenerationsprozess verhindert“, so Antos.

In dieser Studie haben die Forscher auch zeigen können, dass smp zwei Gene (msxb und shh) kontrolliert, die während der Regeneration wichtig sind. So beeinflusst smp die Aktivierung dieser Gene beim Nachwachsen von Schwanzflossen des Zebrafisches. „Herausgefunden haben wir diesen Zusammenhang, indem wir smp in einem Versuch 'ausgeschaltet' haben. Danach wurden die Gene shh und msx vermehrt gebildet“, erklärt Dr. Antos. Da nicht nur die reine Menge von neuen Zellen bei der Wiederherstellung von Gewebe wichtig ist, untersuchten die Wissenschaftler auch die Aufgabe des Gens smp bei der Strukturbildung von neuen Körperteilen. Manche Fische mit verminderter Menge an smp bilden mehr Knochen während der Regeneration der Schwanzflosse, allerdings am falschen Ort. „Demnach ist smp sehr wichtig, um Körperteile nach Verlust wieder fehlerfrei nachwachsen zu lassen“, fasst Antos zusammen.

In zukünftigen Studien werden sich die Forscher weiter mit dem Gen smp und dessen Funktion im Regenerationsprozess beschäftigen. So ist zurzeit völlig unbekannt, wie dieses Molekül Zellvermehrung und Gewebe-Architektur kontrolliert. „Wir möchten herausfinden, wie smp Zellvermehrung und möglicherweise Gewebebildung steuert, um neue Strukturen zu regenerieren. Das Hauptaugenmerk liegt jetzt auf der Analyse der Kontrolle des Gens, zum Beispiel: Wie wird es angeschaltet?“, so Christopher Antos.

Lässt diese Entdeckung auch Rückschlüsse auf den Menschen zu? Es gibt in der Tat ein menschliches Gen, das dem Zebrafisch Gen smp sehr ähnlich ist. „Das Potential dieses Genes bei der Neubildung von menschlichen Geweben ist bis jetzt nicht erforscht“, sagt Christopher Antos. Durch die Identifikation weiterer molekularer Zusammenhänge bei der Regenerierung sind therapeutische Ansätze für die Neubildung von menschlichem Gewebe zukünftig durchaus denkbar.

Kizil C, Otto GW, Geisler R, Nüsslein-Volhard C, Antos CL. „Simplet controls cell proliferation and gene transcription during zebrafish caudal fin regeneration.“ Dev Biol. 2009. Vol. 325: 329-340.

Hintergrund: DFG-Forschungszentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD)
Das CRTD wurde im Oktober 2006 als das Exzellenzcluster der TU Dresden „From Cells to Tissues to Therapies“ in der Exzellenzinitiative des Bundes bewilligt und ist bisher das einzige in den neuen Bundesländern. Die Forschung im Zentrum hat zum Ziel regenerative Therapien für Krankheiten, wie Diabetes, Parkinson, oder Herz-Kreislauferkrankungen zu entwickeln. Das CRTD hat einen interdisziplinären Netzwerkcharakter mit etwa 80 Mitgliedern aus verschiedenen Forschungseinrichtungen Dresdens und mehreren Partnern aus der Wirtschaft.
Kontakt für Journalisten:
Katrin Bergmann, Pressesprecherin CRTD, Tel.: 0351 463 40347
E-Mail: katrin.bergmann@crt-dresden.de
Christopher Antos, Forschungsgruppenleiter am CRTD, Tel.: 0351 463 40121
E-Mail: christopher.antos@crt-dresden.de

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