"ERC Advanced Grant": 2 Millionen Euro für Düsseldorfer Evolutionsbiologen

Sein Projekt zur Erforschung der frühen Evolution des mikrobiellen Lebens mit Hilfe der Computeranalyse von Genomsequenzdaten wird mit zwei Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre gefördert. Daraus werden sich grundlegend neue Erkenntnisse zum Verlauf und zu den Mechanismen der Genomevolution bei Einzellern gewinnen lassen und somit unser Bild der Frühgeschichte des Lebens auf unserem Planeten deutlich schärfen.

Die ERC-Advanced Grants sind hochdotierte Auszeichnungen für europäische Spitzenforscher, die in den letzten zehn Jahren herausragende Leistungen in ihrem Fach erbracht haben und für attraktive neue Projekte die notwendigen Freiheiten in der Forschung erhalten sollen.

Die Ansiedlung eines ERC Advanced Grants in Düsseldorf ist ein großer Erfolg für die HHU. Zu dieser Auszeichnung haben der Altrektor, Prof. Dr. Dr. Alfons Labisch, sowie der Prorektor für Forschung, Prof. Dr. Friedrich Boege, Prof. Martin im Namen der Universität bereits herzlich gratuliert.

Die ERC ist ein neueingerichtetes Instrument der europäischen Forschungsförderung, das sich gezielt der Exzellenz in der Grundlagenforschung widmet und in wesentlichen Merkmalen nach dem Vorbild der Deutschen Forschungsgemeinschaft aufgebaut ist.

2009 wird die ERC ca. 520 Millionen Euro in die Grundlagenforschung europäischer Spitzenforscher investieren. Im Laufe der kommenden sieben Jahre soll sich der Betrag stufenweise auf etwa 1,5 Milliarden Euro jährlich erhöhen.

In der ersten Ausschreibung der ERC Advanced Grants im Bereich der Lebenswissenschaften hatten 766 Wissenschaftler aus ganz Europa Anträge eingereicht. Daraus wurden 78 Projekte nach strengen Excellenzkriterien zur Förderung ausgewählt, darunter nur 11 aus Deutschland. Im Bereich der Evolutionsforschung ging nur ein einziger ERC Advanded Grant nach Deutschland (Prof. Martin), was das Profil der HHU im internationalen Wettbewerb der Universitäten deutlich stärkt.

Beim Projekt von Prof. Martin steht der Netzwerkcharakter der mikrobiellen Evolution im Vordergrund. Seit Darwin beschreiben Evolutionsforscher die Stammesgeschichte gerne als einen Baum, dessen Äste die Stämme des Lebens und deren Verzweigungsabfolge ihre Verwandtschaft zueinander widerspiegeln. Obwohl dieses Bild nach wie vor für die Evolution des vielzelligen Lebens zutrifft, hat die Genomforschung an Mikroben während der letzten 13 Jahre aber deutlich gezeigt, dass die Mikroben ihre Gene rege austauschen, auch weit über die Artgrenze hinweg. So unterscheidet sich der Mechanismus ihrer Evolution grundlegend von dem der vielzelligen Tiere und Pflanzen mit der Folge, dass sich aus mathematischer Sicht die Evolution der Einzeller gar nicht als Baum darstellen lässt. Vielmehr kann jedes Gen einer Bakterie eine eigene Evolutionsgeschichte aufweisen, die sich von dem jedes anderen Gens im Genom

unterscheidet. Eine vielversprechende Lösung für dieses Problem ist es, die Evolution als Netzwerk von Genen zu modellieren.

Genau diesen Ansatz möchten Prof. Martin und sein Team verfolgen, um das Verständnis der Mikrobenevolution aus einer grundlegend neuen Perspektive zu verbessern. Der Netzwerkcharakter der Bakterienvererbung hat auch konkrete praktische Auswirkungen — z.B. ist das in Krankenhäusern seit Jahrzehnten bekannte Problem der rasanten Ausbreitung von Antibiotka-Resistenzen unter diversen Erregern auf netzwerkartige Genverbreitung über die Artgrenze hinweg zurückzuführen.

Prof. Martin (52) ist Amerikaner und seit 1999 Lehrstuhlinhaber am Institut für Botanik III der Heinrich Heine-Universität Düsseldorf. Nach seinem Studium der Biologie an der Texas A&M University und der Technischen Universität Hannover promovierte er 1988 am Max Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln mit einer Arbeit zur molekularen Evolution, die mit dem Heinz-Maier-Leibnitz Preis ausgezeichnet wurde. 1989 bis 1999 war er als Akademischer Rat am Institut für Genetik der Technischen Universität Braunschweig tätig. Er ist in vielen wissenschaftlichen Gremien aktiv, seit 2006 Mitglied der American Academy of Microbiology und seit 2007 Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften.

Kontakt: w.martin@uni-duesseldorf.de

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