Protein Engineering: In fünf Schritten zur zielgenauen Therapie

Protein Engineering AbbVie

Wissenschaftler, die an neuen Medikamenten forschen, haben ein klares Ziel vor Augen: Sie wollen Therapien entwickeln, die den Verlauf von Erkrankungen beim Menschen positiv beeinflussen können. Das Ergebnis kann ein Arzneimittel sein, das die Symptome einer Erkrankung lindert, ihr Fortschreiten stoppt oder sogar zur vollständigen Heilung führt. Im Idealfall wirken diese Medikamente gezielt nur dort, wo sie gebraucht werden, um die Nebenwirkungen auf ein Minimum zu reduzieren.

Krankheiten zielgerichtet bekämpfen

Im Bereich „Protein-Engineering“ suchen Wissenschaftler nach Medikamenten, die Krankheiten äußerst zielgerichtet bekämpfen. Dazu entwerfen sie Proteine – etwa Antikörper oder Enzyme – mit neuen Eigenschaften und Funktionen, die in die Krankheitsabläufe eingreifen können.

Proteine sind Eiweißmoleküle, die vom Körper gebildet werden und dort vielfältige Aufgaben erfüllen. Enzyme zerlegen zum Beispiel Nahrungsbestandteile wie Fette und Zucker oder machen Giftstoffe wie Alkohol unschädlich. Antikörper binden hochspezifisch Krankheitserreger und sorgen für deren Vernichtung durch das Immunsystem.

Diese Eigenschaften macht man sich beim Protein-Engineering zunutze. Das Ziel: Proteine zu entwerfen oder so zu verändern, damit deren Eigenschaften gegen bestimmte Zielstrukturen, sogenannte „Targets“, der Krankheit genutzt werden können, um so den Krankheitsverlauf positiv zu verändern.

Ein Target kann beispielsweise auf der Oberfläche einer Krebszelle sitzen oder als Botenstoff im Körper Entzündungsreaktionen hervorrufen und durch das richtige therapeutische Protein direkt unschädlich gemacht oder zur Zerstörung markiert werden.

Was heißt es, ein Protein zu „entwerfen“ und wie funktioniert das?

Fünf einfache Schritte zeigen den Weg zur Entwicklung von therapeutischen Proteinen und wie Protein-Engineering funktioniert.

SCHRITT 1: Targets identifizieren

Das Protein-Engineering-Team arbeitet eng mit Krankheitsexperten und Medizinern zusammen, um die Entstehung und den Verlauf einer Erkrankung zu verstehen und Targets zu identifizieren, die sich als Angriffspunkt für neuartige Medikamente eignen. Daraus entsteht die Idee für ein mögliches Protein-Design. Dazu analysieren die Forscher das Target genau, um herauszufinden, wie sie den Bauplan des Proteins verändern müssen, damit es mit dem Target interagieren und sich so positiv auf die Krankheitsabläufe im Körper auswirken kann.

SCHRITT 2: Das Design

Mit diesem Wissen beginnen die Wissenschaftler mit dem Design. Dabei versuchen sie, Proteine ausfindig zu machen, zu entwickeln oder zu verändern, die in der Lage sind, an das Target zu binden, um es zu hemmen, zu aktivieren oder zu zerstören.

SCHRITT 3: Die Interaktion

Je nachdem, welche Eigenschaften das Target aufweist, müssen die Wissenschaftler einen geeigneten Ansatz finden, damit das entworfene Protein daran binden oder damit interagieren kann. Dabei stehen ihnen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Zum Beispiel:

• Antikörper-Wirkstoff-Konjugat:
Ein Antikörper, also ein Protein, kann so verändert werden, dass er gezielt an das Target bindet. Verknüpft man den Antikörper mit einem weiteren Medikament, transportiert er dieses präzise zu dem Ort, an dem es wirken soll. Das kann beispielsweise eine Krebszelle sein, die sich so gezielt zerstören lässt, ohne das umliegende Gewebe zu schädigen.

• Bispezifische Antikörper:
Bindet ein Antikörper gleich an zwei unterschiedliche Targets, bezeichnet man ihn als bispezifischen Antikörper. Durch das Binden mehrerer Targets ergeben sich vielfältige Optionen, um in den Krankheitsverlauf einzugreifen.

SCHRITT 4: Analyse

Haben die Wissenschaftler geeignete Protein-Designs identifiziert, führen sie daraufhin eingehende Untersuchungen und Experimente durch, um mehr über die Proteine zu erfahren, die sie entworfen und hergestellt haben. Ziel ist es, ein Protein zu identifizieren, das über alle wichtigen Eigenschaften verfügt, die für die gewünschte krankheitsmodifizierende Wirkung beim Menschen erforderlich sind. Sind die Wissenschaftler erfolgreich, beginnen umfangreiche Tests, um die Sicherheit des potenziellen neuen Arzneimittels zu prüfen, bevor es beim Menschen eingesetzt werden darf.

SCHRITT 5: Wirksamkeit und Sicherheit testen

Sobald das Protein alle erforderlichen Tests erfolgreich durchlaufen hat, wird mit sogenannten klinischen Studien begonnen. Hier wird nicht nur geprüft, ob das Protein als Medikament auch wirkungsvoll und verträglich ist, sondern auch in welcher Darreichungsform und Dosis es zukünftig beim Menschen eingesetzt werden sollte. Diese Studien sind in drei Phasen aufgeteilt und dauern mehrere Jahre. Sind sie erfolgreich, erhält das Medikament die Marktzulassung und kann fortan verschrieben werden.

http://bit.ly/2ljFcH5 – Video zum Thema Protein Engineering
http://bit.ly/2ljDhCf – Neuigkeiten von AbbVie Deutschland

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Andrea Arnold idw - Informationsdienst Wissenschaft

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