Ein Plus für den Minuspol

Neu synthetisierte Lithiumsalze eignen sich, um daraus den Minuspol von Lithium-Ionen-Akkus herzustellen. (Rasterelektronische Aufnahmen: Autoren/ Adv. Funct. Mater.)<br>

Das hat ein Forscherteam unter Marburger Leitung herausgefunden. Die Chemiker Professorin Dr. Stefanie Dehnen, Thomas Kaib und Dr. Sima Haddadpour von der Philipps-Universität testeten zwei salzartige Lithiumverbindungen als Elektroden anstelle des sonst üblichen Graphits. Die Wissenschaftler berichten in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Advanced Functional Materials“, welche Eigenschaften das ungewöhnliche Elektrodenmaterial aufweist.

Die Umstellung unserer Stromversorgung auf regenerative Energiequellen ist seit geraumer Zeit Anlass zu politischen Diskussionen. Wind und Sonne sind jedoch nicht immer und überall in gleichbleibendem Umfang verfügbar. Umso wichtiger ist es, die erzeugte Energie speichern zu können, etwa mithilfe von Lithium-Ionen-Akkumulatoren. Wie lange solche Akkus Strom liefern, hängt davon ab, wieviel Ladung ihre Anode, also der Minuspol, aufnehmen kann.

„Die Forschung hat bereits zahlreiche Materialien untersucht, die zur Herstellung von Anoden in Frage kommen, mit denen sich die Eigenschaften von Lithiumbatterien verbessern lassen“, erläutert Stefanie Dehnen, die die Untersuchungen leitete. „Aber keiner dieser Stoffe konnte für die Anoden-Herstellung bei kommerziell erhältlichen Batterien den derzeit standardmäßig eingesetzten Graphit ersetzen.“ Das liegt unter anderem an einer unerwünschten Ausdehnung und Schrumpfung, dem die Elektroden andauernd ausgesetzt wären, was zur Zersetzung des Materials führen kann. Weitere Nachteile sind eine schlechtere Aufnahmekapazität für Lithium-Ionen sowie ungenügende Stabilität bei wiederkehrenden Lade- und Entladeprozessen.

Das Monopol des elementaren Kohlenstoffs könnte in Zukunft dennoch fallen: Dem Wissenschaftlerteam ist es gelungen, zwei salzartige Lithiumverbindungen zu synthetisieren, die sich als Anodenmaterial eignen. Die Wissenschaftler klärten die Kristallstruktur der Verbindungen auf und ermittelten deren elektrochemische Eigenschaften, insbesondere die Aufnahmekapazität für Lithiumionen und das Verhalten bei wiederkehrender Ladung und Entladung. Das Resultat der Messungen: Die Beladungskapazität dieser Lithiumsalze ist höher als die von Graphit; außerdem erwiesen sie sich als vergleichsweise stabil im zyklischen Lade- und Entladeprozess. „Alles in allem zeigen unsere Ergebnisse, dass beide Verbindungen das Zeug dazu haben, sich als Anodenmaterial in Lithium-Ionen-Akkumulatoren zu bewähren“, sagt Dehnen.

Neben der Marburger Arbeitsgruppe von Stefanie Dehnen beteiligten sich an den Forschungsarbeiten Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung in Würzburg, des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik in Freiburg und des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie in Pfinztal sowie des Karlsruher Instituts für Technologie. Dehnen lehrt Anorganische Chemie an der Philipps-Universität, wo sie außerdem als designierte geschäftsführende Direktorin des „Wissenschaftlichen Zentrums für Materialwissenschaften“ sowie als Vizesprecherin des Graduiertenkollegs „Funktionalisierung von Halbleitern“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (GRK 1782) amtiert. Auch in der breitenwirksamen Vermittlung ihrer Forschung ist die Hochschullehrerin aktiv: Dehnen ist die Direktorin des Mitmachlabors „Chemikum Marburg“.

Originalveröffentlichung: Thomas Kaib & al.: Quaternary Diamond-like Chalcogenidometalate Networks as Efficient Anode Material in Lithium-Ion Batteries, Advanced Functional Materials 2013, DOI: 10.1002/adfm

Weitere Informationen:
Ansprechpartnerin: Professorin Dr. Stefanie Dehnen,
Fachgebiet Anorganische Chemie
Tel.: 06421 28-25751
E-Mail: dehnen@chemie.uni-marburg.de

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Johannes Scholten idw

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