Pilotbioraffinerie erzeugt Zucker und Lignin für Kunststoffe, Schäume und Harze

Ein Vorteil des Organosolv-Verfahrens ist, dass alle Holzbestandteile in Reinform gewonnen werden können. FNR/Ilka Plötner

In den letzten vier Jahren wurde am Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse (CBP) in Leuna eine Pilotbioraffinerie zum Aufschluss von Laubholz aufgebaut und die Verwertbarkeit der erzeugten Zwischenprodukte C5- und C6-Zucker sowie des Lignins untersucht. 

In der Bioraffinerie ließ sich schwefelfreies Lignin erzeugen und zur Herstellung von Polymeren für Harze, Polyurethane und PU-Schäume nutzen. Bis zur Marktreife sind allerdings noch Optimierungen erforderlich.

Auch die Spaltung des Lignins in wertvolle chemische Grundstoffe ist erfolgversprechend verlaufen. Die C6-Zucker waren gut zu verarbeiten, für die C5-Zuckerfraktion gilt es noch, zusätzliche Verwertungsoptionen zu finden.

Hochrechnungen ergaben, dass man in einer künftigen großtechnischen Bioraffinerie Lignin zu wettbewerbsfähigen Kosten erzeugen kann.

Die ökologische Bewertung des gesamten Prozesses zeigte insbesondere bei den Kategorien Klimawandel, Versauerung, Eutrophierung und dem kumulierten fossilen Energieaufwand große Vorteile gegenüber konventionellen Referenzprozessen auf.

In der Pilotbioraffinerie am CBP können wöchentlich 620 kgatro Holzhackschnitzel aus Buchenindustrieholz mit Hilfe des sogenannten Organosolv-Verfahrens aufgeschlossen werden. Dabei gewinnen die Wissenschaftler alle drei Holzkomponenten Lignin, Cellulose und Hemicellulosen getrennt und verarbeiten sie weiter.

Lignin fällt über den Organosolv-Aufschluss besonders einheitlich, rein und mit relativ geringer Molekülgröße an und bietet sich deshalb als Grundstoff für die chemische Industrie an. Im Projekt stellten die Wissenschaftler Phenolharze, Polyurethane, PU-Schäume sowie Additive für Thermoplaste mit Ligninanteil her.

Die Hemicellulosen und Cellulosen konnten zu Glucose umgewandelt werden, die als Ersatz für konventionelle Glucose als Fermentationsrohstoff nutzbar ist. Für die Verwendung der zusätzlich anfallenden C5-Zuckerfraktion müssen noch Verfahren entwickelt werden, um die Stoffströme vollständig zu schließen, den Bioraffineriegedanken in Gänze zu verwirklichen und die Wirtschaftlichkeit des Gesamtkonzeptes zu verbessern.

Für letztere spielt außerdem die hohe Wertschöpfung bei der Verwertung des Lignins eine entscheidende Rolle. Hochrechnungen ergaben, dass mit geschätzten Herstellkosten von knapp 250 Euro pro Tonne für den Aufschluss ohne und ca. 160 Euro pro Tonne für den Aufschluss mit Schwefelsäure großtechnisch erzeugtes Lignin durchaus wettbewerbsfähig wäre – die Kosten liegen deutlich unterhalb des Weltmarktpreises des fossilen Referenzproduktes Phenol. Voraussetzung ist, dass auch die C5-Zucker verwertet werden können.

Positive Ergebnisse erbrachte schließlich auch die Analyse der ökologischen Kriterien, die sich auf die Wertschöpfungskette einer großtechnischen Lignocellulose-Bioraffinerie von der Holzproduktion bis zu den Produkten bezog. In den als besonders wichtig eingeschätzten Kategorien Klimawandel, Versauerung, Eutrophierung und dem kumulierten fossilen Energieaufwand konnten hier ca. 50 bis 80 Prozent an Emissionen gegenüber den Referenzprozessen eingespart werden.

Das Projekt „Lignocellulose-Bioraffinerie“ wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über dessen Projektträger, die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR), gefördert. Der gemeinsame Abschlussbericht aller Teilvorhaben steht auf fnr.de im Menü Projekte & Förderung unter dem Förderkennzeichen 22029508 zur Verfügung.

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Nicole Paul
Tel.: +49 3843 6930-142
Mail: n.paul@fnr.de

PM 2014-42

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Dr. Torsten Gabriel idw - Informationsdienst Wissenschaft

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