Nützlicher Rotz: Aus Nasen- oder Rachenabstrichen das Influenzavirus rasch und zuverlässig nachweisen

Anhand des Glucosegehalts kann elektrochemisch gemessen werden, ob es sich bei der Erkrankung um einen grippalen Infekt oder das gefährliche Influenzavirus handelt. (c) Wiley-VCH

Amerikanische Wissenschaftler haben einen einfachen Testansatz entwickelt, mit dem das Virus in Nasen- und Rachenabstrichen lediglich anhand des Glucosespiegels nachgewiesen wird. Ihr neuartiges System stellen sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie vor.

Auf der Suche nach neuartigen und einfachen Diagnosesystemen für Pathogene stießen der Chemiker Suri S. Iyer und seine Arbeitsgruppe an der Georgia State University auf das Neuraminidase-Glycoprotein des Influenzavirus.

Dessen enzymatische Reaktion, nämlich die Spaltung von Sialinsäuren auf der Wirtszelle, wollten sie ausnutzen, um „Substrate zu entwickeln, aus denen die Neuraminidase Glucose abspaltet.“ Der Glucosegehalt kann elektrochemisch gemessen werden, sodass sich aus dem Glucosegehalt auf den Virusgehalt im Körper schließen lässt.

Glucose war hier das Molekül der Wahl, denn, wie Iyer sagt, sind „Glucometer bezahlbar, empfindlich, spezifisch für Glucose, nutzerfreundlich, schnell und tragbar.“ Iyer möchte das Glucosemeter gewissermaßen auf einen Neuraminidase- (bzw. Influenza-)Test umwidmen. „Einfachheit ist ein sehr wichtiges Kriterium für eine mögliche Markteinführung“, betont Iyer.

Dies im Blick konstruierte Iyers Arbeitsgruppe für die Neuraminidase ein neues Substrat auf der Basis der Sialinsäure, an das ein Molekül Glucose chemisch angebunden war. Das neue Substrat nannten die Forscher SG1, und die Neuroamidasen höchst unterschiedlicher Virenstämme spalteten es ohne Probleme.

Leicht ließ sich die freigesetzte Glucose elektrochemisch nachweisen. Auch ganze Influenzaviren, sogar historische Stämme, setzten Glucose frei, und der Glucosespiegel ließ sich quantitativ messen. Die Ergebnisse wurden durch PCR und Plaque-Tests validiert.

Im Gegensatz dazu gab es keinen Glucoseanstieg bei Proben, die aus Nasen- oder Rachenabstrichen von gesunden Tespersonen gewonnen wurden. Nur bei Anwesenheit des Virus sprang das System an. Glycane als Testsubstrat haben aber noch einen weiteren Vorteil, wie Iyer hervorhebt. Sie sind stabil und langlebig, was nützlich ist, wenn die Tests an Orten durchgeführt werden soll, die keine teure medizinische Ausstattung haben. Mit dem neuen Testsystem ist es auch möglich zu beurteilen, wie das Virus auf die Zugabe von Arzneimitteln reagiert.

Weil das neue System durch seine Schnelligkeit, geringe Kosten und Empfindlichkeit sehr vielversprechend ist, möchte Iyer es möglichst bald auch auf „echte“ Influenzapatienten anwenden. „Wir haben noch einen weiten Weg, aber der Start war gut. Während der nächsten Monate werden wir Proben von Patienten testen, die sich vermutlich mit Influenza angesteckt haben. Parallel dazu wollen wir das Testsystem verbessern“, freut sich Iyer.

Angewandte Chemie: Presseinfo 11/2015

Autor: Suri Saranathan Iyer, Georgia State University, Atlanta (USA), http://www.che.uc.edu/sensors/iyer.html

Permalink to the original article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201412164

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Dr. Renate Hoer GDCh

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