Neuer Body-Adiposity-Index (BAI) ist nicht aussagekräftiger als altbekannter Body-Mass-Index (BMI)

Nach den aktuellen Ergebnissen ist eine Messung des Taillenumfangs besser geeignet, den prozentualen Körperfettanteil abzuschätzen, als der neue Body-Adiposity-Index (BAI), der in der Studie auch dem Body-Mass-Index (BMI) nicht überlegen war. Auch das Diabetes-Risiko lässt sich laut Studie präziser anhand des Taillenumfangs beurteilen.

Das Wissenschaftlerteam veröffentlichte nun seine Daten in der Fachzeitschrift Diabetologia (M. Schulze et al., 2012; DOI: 10.1007/s00125-012-2499-z).

Erst im letzten Jahr hatten amerikanische Forscher die neue Gleichung* für den BAI entwickelt, der dazu dienen soll, den prozentualen Körperfettanteil einfach, preiswert und genau abschätzen zu können. Der neue Index berücksichtigt neben der Körperlänge den Hüftumfang einer Person. Mittlerweile hat der BAI weltweit viel Aufmerksamkeit bekommen und wird von vielen Mitarbeitern im Gesundheitswesen verwendet, um die Körperfettmasse zu beurteilen, in der Annahme, dass er aussagekräftiger sei als der BMI.

Da bislang nur wenige wissenschaftliche Daten zum BAI vorliegen, verglichen die Forscher um den Ernährungsepidemiologen Matthias Schulze und den Mediziner Norbert Stefan die Aussagekraft des neuen Index mit der Aussagekraft von Hüftumfangs- und Taillenumfangs-Messungen sowie der Aussagekraft des BMI. Hierfür nutzten sie die Daten von 138 männlichen und 222 weiblichen Studienteilnehmern des „Tübinger Lebensstil-Interventions-Programms“ (TULIP), von 9.729 Männern und 15.438 Frauen, die an der Potsdamer European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Studie teilnehmen, sowie von 5.573 männlichen und 5.628 weiblichen Teilnehmern der „Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg“ (KORA)-Studie**. Die gemeinschaftliche Nutzung der drei großen Studien ist vor allem durch die enge Zusammenarbeit im Rahmen des DZD möglich geworden.

Als Goldstandard für den Vergleich der verschiedenen Messmethoden dienten Magnet-Resonanz-Tomographie-Messungen, die den Körperfettanteil sehr genau bestimmen und von der Arbeitsgruppe um Fritz Schick im Rahmen der Tübinger Studie durchgeführt worden waren.

„In der aktuellen Studie konnten wir zeigen, dass der BAI dem altbekannten BMI bei der Einschätzung des prozentualen Körperfettanteils nicht überlegen ist und der BMI sogar in einer engeren Beziehung zur Körperfettverteilung steht als der BAI“, sagt Matthias Schulze. „Insbesondere bei männlichen Studienteilnehmern war die Einschätzung des prozentualen Körperfettanteils mit Hilfe des BAI ungenau.“ Auch bei der Bestimmung des Diabetes-Risikos der Studienteilnehmer sei der BMI dem BAI überlegen. Allerdings besaßen beide Indizes hinsichtlich der Diabetes-Risiko-Einschätzung eine geringere Aussagekraft als der gemessene Taillenumfang.

„Unserer Ansicht nach kommt der BAI somit nicht als Alternative zum BMI in Betracht. Das Messen des Bauchumfangs zusätzlich zum BMI ist dagegen sinnvoll“, sagt Norbert Stefan.

Hintergrundinformation:

*Die Formel für den Body-Adiposity-Index lautet: BAI = Hüftumfang in cm/(Körperlänge in m)1,5 – 18 = prozentualer Körperfettanteil

Die Formel für den Body-Mass-Index lautet: BMI = Körpergewicht in kg/(Körperlänge in m)2 = prozentualer Körperfettanteil

**Informationen zum Tübinger Lebensstil-Interventions-Programm (TULIP) finden Sie unter: http://www.medizin.uni-tuebingen.de/Mitarbeiter/Kliniken/Medizinische+Klinik/Inn…,

Informationen zur Potsdamer EPIC-Studie finden Sie unter: http://www.dife.de/de/index.php?request=/de/forschung/projekte/epic.php,

Informationen zur Augsburger KORA-Studie finden Sie unter: http://www.helmholtz-muenchen.de/kora/.

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsbedingter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Forschungsschwerpunkte sind dabei Adipositas (Fettsucht), Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung e.V. (DZD).

Die Leibniz-Gemeinschaft vereint 86 Einrichtungen, die anwendungsbezogene Grundlagenforschung betreiben und wissenschaftliche Infrastruktur bereitstellen. Insgesamt beschäftigen die Leibniz-Einrichtungen rund 16.800 Menschen – darunter 7.800 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – bei einem Jahresetat von insgesamt knapp 1,4 Milliarden Euro. Die Leibniz-Gemeinschaft zeichnet sich durch die Vielfalt der in den Einrichtungen bearbeiteten Themen und Disziplinen aus. Die Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft bewahren und erforschen das natürliche und kulturelle Erbe. Darüber hinaus sind sie Schaufenster der Forschung, Orte des Lernens und der Faszination für die Wissenschaft. Näheres unter http://www.leibniz-gemeinschaft.de.

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E-Mail: mschulze@dife.de
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