Neue Erkenntnisse über die Rolle von Neurotransmittern in der Kommunikation von Nervenzellen

Die Forschungsergebnisse wurden diese Woche von der renommierten US-Fachzeitschrift „PNAS“ veröffentlicht.

Synapsen sind die Kontaktstellen, an welchen Nervenzellen mit ihren Zielzellen kommunizieren. Sie bilden eine hochkomplexe spezialisierte Struktur. Die präsynaptische Seite enthält Bläschen, die je nach Art der Synapse eine spezifische chemische Substanz (den Neurotransmitter) enthalten.

Auf der gegenüberliegenden Seite, der Postsynapse, sind Proteine hoch konzentriert, die diesen Neurotransmitter binden und danach in der Zielzelle ein Signal auslösen. Die zwei Zellen sind durch den synaptischen Spalt voneinander getrennt. Wird eine Synapse aktiv, so verschmelzen die Bläschen mit der präsynapstischen Membran und der Neurotransmitter wird in den synaptischen Spalt abgegeben. Der Neurotransmitter bindet dann an bestimmte Rezeptoren auf der postsynaptischen Seite und löst ein Signal aus. Die Uebertragung ist damit abgeschlossen.

Heute weiss man, dass während der Entwicklung Synapsen aufgrund molekularer Wechselwirkungen mittels Zelladhäsionsproteinen gebildet werden. Es ist jedoch weit weniger bekannt, wie die verschiedenen Arten von Synapsen (erregende und inhibierende) im Nervensystem sortiert werden.

Neurotransmitter mit zweiter wichtiger Funktion

In der in „PNAS“ veröffentlichten Arbeit hat nun das Team von Prof. Markus Rüegg vom Biozentrum der Universität Basel in Zusammenarbeit mit Prof. Hans-Rudolf Brenner vom Pharmazentrum der Universität Basel an der Synapse zwischen Nervenzellen und Muskelfasern nachweisen können, dass der Neurotransmitter selber eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung der richtigen postsynaptischen Rezeptoren spielt. Bisher wurde nämlich angenommen, dass die Aggregation der an der Nerv-Muskel-Synapse vorkommenden Azetylcholin-Rezeptoren nur durch die lokale Wirkung des von der Nervenzelle ausgeschiedenen Zelladhäsionsproteins Agrin zustande kommt. In ihren Experimenten haben die Forscher des Biozentrums jetzt festgestellt, dass selbst wenn Agrin nicht von der Nervenzelle sondern von der gesamten Muskelfaser uniform ausgeschüttet wird, es der Nervenzelle gelingt, eine funktionelle Synapse zu bilden.

Weiter hat das Forscherteam von Prof. Markus Rüegg herausgefunden, dass diese Synapsenbildung aufgrund der Wirkung des von der Nervenzelle lokal freigesetzten Azetylcholins zustande kommt. Somit haben ihre Versuche erstmals gezeigt, dass nicht nur Zelladhäsionsproteine sondern auch der Neurotransmitter selber eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung postsynaptischer Neurotransmitter-Rezeptoren spielt.

Eine neue Erkenntnis mit weit reichenden Folgen?

Eine solche lokale Funktion des Neurotransmitters könnte bei den Synapsen im Gehirn auch die Grundlage für die funktionelle Reifung und molekulare Identität der einzelnen Synapsen sein, welche massgeblich durch Neurotransmitter und Neurotransmitter-Rezeptoren bestimmt ist. Da das Umformen von synaptischen Strukturen auch bei Gedächtnisprozessen wichtig ist, könnten die in dieser Arbeit beschriebenen Mechanismen auch bei solchen Prozessen eine Rolle spielen.

Weitere Auskünfte:
Prof. Markus A. Rüegg
Universität Basel, Biozentrum
Abteilung Pharmakologie/Neurobiologie
Klingelbergstrasse 70, 4056 Basel
Tel: 061 267 22 23, Fax: 061 267 22 08
E-Mail: Markus-A.Ruegg@unibas.ch
Originalbeitrag:
Shuo Lin, Marcin Maj, Gabriela Bezakova, Josef P. Magyar?, Hans Rudolf Brenner and Markus A. Ruegg:

Muscle-wide secretion of a miniaturized form of neural agrin rescues focal neuromuscular innervation in agrin mutant mice

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