Neue Erkenntnisse über gefährliches MERS-Virus

Ausgedehnte Infektion von menschlichen Lungenbläschen durch MERS-CoV (grün) im direkten Vergleich zum hochpathogenen Influenzavirus H5N1 (rot). Zellkerne (blau). Das Lungengewebe wurde gleichzeitig mit beiden Viren infiziert. Während H5N1-Influenzaviren nur eine Zellart der Lungenbläschen („Typ II Zellen“) befallen, infiziert das MERS-CoV alle Zellen, was das Lungenversagen bei schwer erkrankten Patienten erklären könnte.<br><br>(C) 2013 by the American Thoracic Society<br>

Das neuartige MERS-Coronavirus (MERS-CoV) führt zu einer massiven Infektion menschlichen Lungengewebes, die in ihrem Ausmaß weit über eine Infektion mit dem gefährlichen H5N1-Influenzavirus hinausgeht.

Dies fand jetzt ein deutsches Wissenschaftlerteam unter Koordination von Forschern der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Robert-Koch-Institutes in explantiertem menschlichen Lungengewebe heraus. Der Einsatz einer speziellen mikroskopischen Technik ermöglicht eine Darstellung der Infektion, des Rezeptors für die Viren und des verursachten Schadens in der Lunge. Die Ergebnisse wurden heute in der Fachzeitschrift American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine* veröffentlicht.

Seit 2012 erkrankten vor allem in Ländern der arabischen Halbinsel über 130 Menschen an dem neuartigen MERS-CoV (Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus). Über 50 Patienten verstarben an der Infektion. Das Virus löst eine schwere Infektion der Lunge aus. Über die Krankheitsmechanismen im Menschen liegen bislang nur sehr eingeschränkte Informationen vor. Die aktuellen Ergebnisse und das verwendete Modell bieten daher eine wichtige Grundlage zur Untersuchung der MERS-CoV-Pathologie in menschlichem Lungengewebe.

Ein Forscherteam unter Koordination der Charité-Wissenschaftler Dr. Andreas Hocke und Prof. Dr. Stefan Hippenstiel und von Privatdozent Dr. Thorsten Wolff, Robert-Koch-Institut, nutzte explantiertes menschliches Lungengewebe, um Mechanismen der Infektion zu untersuchen.

Im direkten Vergleich mit hochpathogenen H5N1-Influenzaviren stellte sich heraus, dass sich beide Viren nahezu gleich stark im Gewebe vermehren können. Während sich das Influenzavirus jedoch in nur einem Zelltyp vermehrt, infiziert das Coronavirus nahezu alle Zelltypen der Lungenbläschen.

„Wir waren von der ausgedehnten Infektion im Vergleich zu den hochpathogenen Influenzaviren völlig überrascht“, so Prof. Hippenstiel. Die Mikroskopie von menschlichem Lungengewebe wird normalerweise von dessen starker Eigenfluoreszenz behindert. „Durch den Einsatz einer speziellen mikroskopischen Technik gelang es uns jedoch, dieses Hemmnis zu überwinden“, so Dr. Hocke. „Wir konnten nun auf subzellulärer Ebene Lungenschäden beschreiben“. Dabei setzten die Wissenschaftler auch 3D-Rekonstruktionen der mikroskopischen Bilder ein. Ferner gelang es den Forschern auch, den Eiweißstoff DPP4 in allen befallenen Zelltypen nachzuweisen. Es wird vermutet, dass die Viren DPP4 als Eintrittspforte in die menschlichen Zellen nutzen.

* Hocke et al. Emerging Human Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus Causes Widespread Infection and Alveolar Damage in Human Lungs. American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine 2013;188:882-886.

Die Studie wurde unterstützt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (SFB-TR84) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF-FluResearchNet).

Kontakt:
Prof. Dr. Stefan Hippenstiel
Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie
Campus Virchow-Klinikum
t: +49 30 450 553 137
stefan.hippenstiel[at]charite.de

Media Contact

Manuela Zingl idw

Weitere Informationen:

http://infektiologie.charite.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer