Neuartige Spektroskopie-Technik enthüllt Tanz der Wassermoleküle

3-D-Modell des Wassers (Sauerstoff Rot, Wasserstoff Weiß): Inter- und intramolekulare Schwingungen der Wasserstoffbrückenbindungen (Grün) lassen das gesamte Netzwerk "tanzen". © Max-Planck-Institut für Polymerforschung

Flüssiges Wasser wird mit einem hochdynamischen Netz starker Wasserstoffverbindungen durchzogen. Den Bewegungen von Molekülen in diesem Netz liegen fundamentale physikalische und chemische Phänomene zugrunde.

Chemische Prozesse wie Protonentransfer und physikalische Prozesse wie Energieverluste werden gelenkt durch die Interaktion zwischen Bewegungen innerhalb von Molekülen, und durch Bewegungen von Molekülen untereinander – vergleichbar mit einem komplexen kollektiven molekularen „Tanz“.

Vor kurzem haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts (MPI) für Polymerforschung in Mainz mit Hilfe einer neuartigen Spektroskopie-Technik einen grundlegenden mechanischen Einblick in diese Kopplung interner und externer molekularer Bewegungen im Wasser gegeben. Hierfür haben sie die sogenannte zweidimensionale, sichtbare Ultrabreitband-Terahertz-Infrarot-(2D TIRV)-Spektroskopie entwickelt.

„Wir haben Infrarot-Impulse mit Ultrabreitband-Terahertz-Impulsen kombiniert, um diese zweidimensionale Spektroskopie zu entwickeln. So können wir messen, wie die innere Bewegung eines Wassermoleküls direkt an die Bewegungen des umliegenden Wasserstoffbrücken-Netzwerks gekoppelt ist“, sagte Dr. Maksim Grechko, Gruppenleiter am MPI für Polymerforschung.

Kopplung der Schwingungen geklärt

Durch die Kombination der experimentellen Ergebnisse der 2D-TIRV-Spektroskopie mit hochmodernen molekularen Berechnungen zur Dynamik, haben Grechko und seine Mitarbeiter die Art der Kopplung zwischen den intermolekularen und intramolekularen Koordinaten in den Wassermolekül-Ensembles geklärt.

Sie haben herausgefunden, dass die Änderung der Länge der Verbindung zwischen Sauerstoff und Wasserstoff in einem Wassermolekül direkt an zwei Arten einer gegenseitiger Bewegung von nahe gelegenen Wassermolekülen gekoppelt ist. Die erste Art solcher intermolekularen Bewegungen ist die Änderung der Länge der Wasserstoffverbindungen, die die Moleküle verbinden. Und die zweite Art ist eine komplexe regenschirmartige Bewegung von wenigen Wassermolekülen gemeinsam.

Bedeutung der 2D-TIRV-Spektroskopie für die Zukunft

Diese neuen Ergebnisse, die die Wissenschaftler am MPI für Polymerforschung erzielt haben, sind sehr wichtig. Wasser ist allgegenwärtig. Es ist das häufigste Lösungsmittel und Teil vieler chemischer Reaktionen in der Natur sowie zum Beispiel in der Industrie. Es bietet eine einzigartige Umgebung für die Reaktivität gelöster chemischer und biologischer Moleküle.

Professor Mischa Bonn, Direktor am Max-Planck-Institut für Polymerforschung und Leiter der Abteilung für Molekulare Spektroskopie, betonte: „Die neu entwickelte 2D-TIRV-Spektroskopie-Technik bietet eine aufregende Möglichkeit, um neue Einblicke zu erhalten in die Kopplung zwischen Bewegungen innerhalb eines Moleküls und in die gesamte Bewegung der Molekülgruppe. Mit der Nutzung dieser Spektroskopie erwarten wir viele neue und spannende Erkenntnisse in der Zukunft.“

Diese neuartige Spektroskopie-Technik kann genutzt werden, um die Heterogenität und Homogenität des Wassers in der Nähe von Ionen, Osmolyten und Biomolekülen wie beispielsweise Proteinen zu enthüllen. Daher setzen Grechko und sein Team ihre wissenschaftliche Arbeit und technische Entwicklung fort, um weitere Untersuchungen zur Struktur und Dynamik von Wassermolekülen durchzuführen.

Originalartikel:
Maksim Grechko, Taisuke Hasegawa, Francesco D’Angelo, Hironobu Ito, Dmitry Turchinovich, Yuki Nagata, Mischa Bonn: Coupling between intra- and intermolecular motions in liquid water revealed by two-dimensional terahertz-infrared-visible spectroscopy.
Nature Communications, Volume 9, Article number: 885 (2018)
DOI 10.1038/s41467-018-03303-y

Über das Max-Planck-Institut für Polymerforschung:
Das Max-Planck-Institut für Polymerforschung (MPI-P) zählt zu den international führenden Forschungszentren auf dem Gebiet der Polymerforschung. Durch die Fokussierung auf weiche Materie und makromolekulare Materialien ist das MPI-P mit seiner Forschungsausrichtung weltweit einzigartig. Seine Aufgabe ist es, neue Polymere herzustellen und zu charakterisieren. Zum Aufgabengebiet gehört auch die Untersuchung ihrer physikalischen und chemischen Eigenschaften. Das MPI-P wurde 1984 gegründet. Es beschäftigt mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem In- und Ausland, von denen die große Mehrzahl mit Forschungsaufgaben befasst ist.
http://www.mpip-mainz.mpg.de/

http://www.mpip-mainz.mpg.de/5264668/pm2018-06
https://www.nature.com/articles/s41467-018-03303-y

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Kerstin Felix Max-Planck-Institut für Polymerforschung

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