Nach der Befruchtung übernimmt die Eizelle die Führungsrolle

Während in der Maus-Zygote die mütterliche DNA stark methyliert ist (in Magenta), wird die väterliche DNA unmittelbar nach der Befruchtung „aktiv“ und demethyliert.

Die Entstehung eines neuen Menschen ist jedes Mal ein großes Wunder, denn die Mechanismen dahinter sind derart komplex, dass unglaublich viel schiefgehen kann. Damit das Wunder gelingt, hat die Natur viele Kontroll- und Reparaturmechanismen eingebaut. Die frühesten unter ihnen werden bereits unmittelbar nach der Befruchtung der Eizelle durch die Samenzelle aktiv.

Damit das gesamte männliche Erbgut in Form der DNA in die winzige Samenzelle hineinpasst, muss es sehr dicht verpackt werden. Die Stränge der DNA werden auf Proteine gewickelt, wie Zwirn auf eine Spule. So nehmen sie den geringsten Platz ein. Damit sich das Gebilde nicht auflöst, wird es von Methylgruppen gehalten. Die DNA liegt nun in sogenannter „methylierter“ Form vor.

Damit die DNA gelesen werden kann, müssen die Methylgruppen weichen. Das Vorhandensein dieser Moleküle bestimmt, welche Genabschnitte abgelesen werden und macht es möglich, mit identischen Erbinformationen unterschiedliche Zellen zu erzeugen – oder gar ganze Lebewesen.

Ist die Samenzelle in die Eizelle hineingelangt, muss das väterliche Genmaterial also „demethyliert“ werden. Doch bei diesem Vorgang kann es zu Schäden in der männlichen DNA kommen.

Durch Gedächtnisverlust zum Zell-Allrounder

Sabrina Ladstätter, Postdoktorandin in der Forschungsgruppe von Kikuë Tachibana-Konwalski und Erstautorin der Studie, zeigt nun in ihrer aktuellen Forschung, welche Schutzmechanismen die Eizelle entwickelt hat, um diese kritische Phase des Lebens zu bewältigen. Schließlich ist die hohe Qualität der männlichen DNA für die Entstehung eines lebensfähigen Embryos von enormer Bedeutung.

Sie untersuchte dabei befruchtete Eizellen von Mäusen. „Wir wissen jetzt, dass in der verschmolzenen Ei-Samen-Zelle, der sogenannten Zygote, die Eizelle die Führungsrolle für die Umprogrammierung der Zygote übernimmt.

Dieser Vorgang ist deshalb so wichtig, weil die beiden verschmolzenen Zellen ihre Vergangenheit als spezialisierte Geschlechtszellen “vergessen” müssen. Nur so erlangt die Zygote sogenannte totipotente Eigenschaften, damit sie in der Lage ist, einen ganzen Organismus zu bilden”, erklärt Sabrina Ladstätter.

Durch ein Signal eines Proteins in der Eizelle wird die väterliche DNA zuerst „aktiv“, in dem sie demethyliert und somit wieder lesbar gemacht wird. Entstehen dabei Schäden, wie etwa Brüche der DNA Stränge, sorgen die mütterlichen Proteine für Ordnung. Sie erkennen nicht nur die Schäden an der männlichen DNA, sondern initiieren auch die nötige Reparatur.

“Mutter aller Zellen” betreibt Qualitätssicherung

„Die enormen Fähigkeiten der Eizelle faszinieren mich schon lange“, sagt Forschungsleiterin Kikuë Tachibana-Konwalski. „Sie ist nicht nur die ‘Mutter aller Zellen’, aus der ein neuer Organismus mit Milliarden von spezialisierten Zellen hervorgeht, sie betreibt auch Qualitätssicherung auf höchstem Niveau, damit gesundes neues Leben sichergestellt wird.“ Dazu sind Kontrollpunkte eingerichtet, die die weitere Zellteilung erst zulassen, nachdem die Brüche in der väterlichen DNA von mütterlichen Proteinen repariert werden konnten.

Interessant ist, dass die Umgebung beeinflusst, wie streng am Kontrollpunkt kontrolliert wird. „Wir haben gesehen, dass in unseren Zellkulturen die Qualität der Nährlösung eine große Rolle spielt“, beschreibt Sabrina Ladstätter ihre Ergebnisse. Das ist eine wichtige Erkenntnis, denn bei der künstlichen Befruchtung wird die Eizelle auch außerhalb des Körpers, also unter Laborbedingungen, befruchtet. Die künstliche Befruchtung, oder „in vitro Fertilisation”, ist heute in unserer Gesellschaft, in der Mütter immer älter werden, oft die letzte Hoffnung auf erfüllten Kinderwunsch.

„Unsere Forschungserkenntnisse sind nicht nur wissenschaftlich spannend, sondern leisten auch einen Beitrag zur Verbesserung der modernen Reproduktionsmedizin“, zeigt sich Forschungsleiterin Tachibana-Konwalski optimistisch über die mögliche Anwendung ihrer Forschung.

Originalpublikation:
“A surveillance mechanism ensures repair of DNA lesions during zygotic reprogramming”, Ladstätter, Tachibana-Konwalski, Cell: http://dx.doi.org/10.1016/j.cell.2016.11.009

Pressefoto: http://de.imba.oeaw.ac.at/index.php?id=516

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Mag. Ines Méhu-Blantar idw - Informationsdienst Wissenschaft

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