Multifunktionale Plattform für den Transport von Gentherapeutika

(c) Wiley-VCH Hyperthermie als Krebstherapie?

Die gezielte Veränderung des Genoms (Gen-Editing) eines Tumors ist ein äußerst vielversprechendes krebstherapeutisches Verfahren. Ein Wissenschaftler-Team aus China hat nun ein multifunktionales Transportmittel entwickelt, um solche „Genscheren” zielgenau in den Zellkern und in das Genom von Tumorzellen hineinzubringen.

Wie die Autoren in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, bietet diese nichtvirale Transportmöglichkeit von molekularen Gen-Editing-Systemen zusätzlich den Vorteil der Hyperthermie als Krebstherapie.

Im Jahr 2002 wurde mit den CRISPR-Cas-Systemen, die aus Protein und RNA bestehen, eine besondere Verteidigungsstrategie von Bakterien gegen Viren entdeckt. Dieses System wurde zu einer der wichtigsten genmanipulativen Methoden in der Molekularbiologie und Biomedizin weiterentwickelt. Mit dem CRISPR-Cas9-System können Molekularbiologen ein Gen im eukaryotischen Zellgenom verhältnismäßig einfach verändern, auschalten oder einfügen.

Ein Schwachpunkt ist jedoch die schiere Größe des Systems. Viren kann man daher nicht als Transportmittel verwenden, um das große, das CRISPR-Cas9-System kodierende Plasmid in die Tumorzellen und dann in den Zellkern zu bringen. Wenfu Zheng und seine Kollegen vom National Center for NanoScience and Technology in Beijing (China) haben nun in Zusammenarbeit mit Forschern aus Japan und China ein multifunktionales Transportmittel aus Lipid-modifizierten Goldnanopartikeln entwickelt.

Tests zeigten, dass dieses molekulare Vehikel das CRISPR-Cas9-System effektiv in Tumore bringt und dort freisetzt. In den Tumorzellen wird es durch Laserlicht zersetzt, und die CRISPR-Cas9-Gen-Editing-Maschinerie wird aktiviert. Durch Ausschaltung eines funktionswichtigen Zielgens wurden Tumorzellen in den programmierten Zelltod geführt, und das Wachstum des Tumors wurde gestoppt.

Goldnanopartikel sind als Trägermaterial für verschiedene biologische Moleküle besonders interessant, weil sie sich leicht modifizieren lassen, stabil sind und mit Laserlicht wechselwirken. Um aus den Goldnanopartikeln ein vielseitiges biologisches Transportmittel zu machen, belegten die Wissenschaftler die Goldnanopartikel zunächst mit Tat-Peptiden. Diese kleinen, positiv geladenen Proteinstücke können die Membran des Zellkerns überwinden.

Anschließend verankerten die Forscher das CRISPR-Cas9-Plasmid, in dem unter anderem die RNA für das tumorwichtige Plk-1-Gen kodiert war – dieses Gen wird in der Tumorzelle ausgeschaltet –, nur durch elektrostatische Wechselwirkung mit den Tat-Peptiden. Der Gedanke war, dass die Tat-Peptide das Plasmid quasi „Huckepack” in den Zellkern mitnehmen. Das gesamte Nanopartikel-Transportsystem wurde noch mit einer Lipidformulierung beschichtet, um eine bessere Zellaufnahme zu ermöglichen.

Als Test für den zielgerichteten Transport in die Zelle und das Gen-Editing wurden sowohl Kulturzellen als auch Mäuse mit Tumor mit dem CRISPR-Cas9-Plasmid-Nanogold-Transporter versetzt. Ein Laser setzte die Gen-Editing-Maschinerie frei. „In dieser Studie löste die Bestrahlung mit Licht die Freisetzung des Tat-Peptids von den Gold-Nanopartikeln abhängig von der Zeitdauer und der Intensität des Lasers aus”, erklärten die Autoren.

Aber es gebe noch andere Möglichkeiten: Da sich die Goldnanopartikel durch die Bestrahlung aufheizen, könnten sie auch selbst für eine Hyperthermie-Behandlung – gezielte Verbrennung von Krebszellen – verwendet werden. Insgesamt könnte dieser verhältnismäßig einfache Aufbau aus Goldnanopartikeln, Peptiden und Lipiden, die sich zu einem multifunktionalen Transport-/Aktivierungssystem zusammensetzen, als eine vielseitige Plattform für gentherapeutische Verfahren genutzt werden.

Angewandte Chemie: Presseinfo 02/2018

Autor: Wenfu Zheng, National Center for Nanoscience and Technology (China), mailto:zhengwf@nanoctr.cn

Link zum Originalbeitrag: https://doi.org/10.1002/ange.201708689

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.

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Dr. Karin J. Schmitz Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

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