Mikro-Lieferservice für Dünger

Erfolgreiche Blattdüngung durch Mikrogele. (c) Wiley-VCH

Pflanzen können Dünger nicht nur über die Wurzeln, sondern auch über die Blätter aufnehmen. Über einen längeren Zeitraum gestaltet sich eine Blattdüngung jedoch schwierig. Deutsche Forscher stellen jetzt in der Zeitschrift Angewandte Chemie ein leistungsfähiges Zufuhrsystem für Mikronährstoffe auf Basis biohybrider Mikrogele vor. Spezielle Peptide verankern die „Mikrocontainer“ fest auf der Blattoberfläche, während Bindestellen im Inneren für eine verzögerte Abgabe der „Ladung“ sorgen.

Die Blattdüngung ist bereits Praxis, z.B. im Weinbau, wenn Reben aufgrund eines Mineralmangels gelbe Blätter bekommen. Trotz Verwendung von Detergenzien, Adhäsiven und Befeuchtungsmitteln ist eine kontrollierte Nährstoffzufuhr über mehrere Wochen per Blattdüngung aber kaum zu erreichen.

Bis zu 80% der Nährstoffe werden abgewaschen, gelangen in den Boden und werden zum Großteil in Formen umgewandelt, die die Pflanze nicht nutzen kann. Zudem können sie in Gewässer gespült werden und Umweltprobleme verursachen. Ein weiteres Problem: Bei starker Sonneneinstrahlung verdunstet das Wasser der aufgetragenen Düngerlösung. Die entstehende hohe Salzkonzentration entzieht dem Blatt Wasser, was zu Verbrennungsschäden führen kann.

Das Team vom DWI-Leibniz-Institut für Interaktive Materialien, Aachen, der RWTH Aachen und der Universität Bonn hat jetzt ein Blattdünger-System auf Basis biokompatibler Mikrogele entwickelt, das lange und selektiv an Blättern haftet und Nährstoffe langsam und kontrolliert abgibt. Mikrogele sind winzige Partikel aus quervernetzen Makromolekülen, die Wasser und andere Moleküle wie Düngersubstanzen sehr effizient binden können.

Die Forscher um Ulrich Schwaneberg und Andrij Pich statteten die Gelpartikel im Inneren mit Bindestellen aus, die Eisen-bindenden Proteinen von Bakterien nachempfunden wurden. Sie sorgen dafür, dass Eisenionen nur langsam abgegeben werden. Die Mikrogele werden bei pH 3 mit eisenhaltiger Lösung beladen. Bei Erhöhung des pH-Wertes auf 7 schrumpfen sie unter Wasserabgabe und binden dabei das Eisen.

Die Oberfläche der Gelpartikel wurde mit Ankerpeptiden aus Milchsäurebakterien bestückt, die fest an Blattoberflächen haften und so ein Auswaschen verhindern. Da das Gel Wasser enthält, bildet sich eine wässrige Mikroumgebung, in der das Eisen in die Blätter diffundieren kann. Gelb gewordene Blätter unter Eisenmangel leidender Gurkenpflanzen wurden an Stellen, auf die der neuartige Blattdünger getropft wurde, rasch wieder grün.

Durch Ausstattung mit anderen Bindestellen könnten die „Mikrogel-Container“ mit einer Vielzahl an Metallionen oder Wirkstoffen beladen werden. Eine kontrollierte und bedarfsgerechte Freisetzung von Wirkstoffen, minimiert die benötigten Einsatzmengen und den Eintrag von Dünger und Pestiziden in die Umwelt. Dank geringer Produktionskosten, hoher Beladung, einfacher Handhabung sowie gezielt einstellbarer Adhäsionseigenschaften wäre ein breiter industrieller Einsatz denkbar. Ziel sind selbstregulierende Zufuhrsysteme für eine nachhaltige Landwirtschaft.

Angewandte Chemie: Presseinfo 17/2017

Autor: Andrij Pich, DWI / RWTH Aachen (Germany), https://www.dwi.rwth-aachen.de/index.php?id=757

Link zum Originalbeitrag: https://doi.org/10.1002/ange.201701620

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.

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Dr. Karin J. Schmitz Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

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