MHH-Forscher befördern Proteine mit dem Gen-Taxi

Viren haben sich im der Laufe der Evolution optimal an ihre Wirtszellen angepasst und sind so ideale Überträger für Gene. Forscher und Ärzte setzen virale Nanopartikel als Gen-Taxi ein – zum Beispiel in der Gentherapie oder zur Reprogrammierung von Körperzellen in induzierte pluripotente Stammzellen (iPS).

Die von Dr. Dr. Axel Schambach geleitete Arbeitsgruppe „Hematopoetic Cell Therapy“ in der Abteilung für Experimentelle Hämatologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) im Exzellenzcluster REBIRTH (From Regenerative Biology to Reconstructive Therapy) konnte nun mit viralen Nanopartikeln gezielt und dosiert Proteine in Zellen einschleusen.

„Mit der Methode können wir kurzfristig das Zellverhalten steuern, ohne die Erbinformation der Zelle zu verändern“, erklärt Professor Dr. Christopher Baum, Leiter der Abteilung für Experimentelle Hämatologie. So konnten die Forscher um Professor Baum mit einem eingebrachten Schneide-Enzym die viralen Reprogrammierungsgene aus iPS-Zellen entfernen. Ihre Forschungsergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler nun im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS).

Für die neue Technik verwenden die Forscher virale Nanopartikel – eine stark veränderte Form des murinen Leukemia-Virus (MLV) -, die keine Erbinformation mehr übertragen. Die Forscher züchten in Petrischalen die viralen Nanopartikel in Produzentenzellen heran. Dazu nutzen sie den natürlichen Produktionsweg der Viren. „Damit keine vermehrungsfähigen Viren entstehen, bringen wir die viralen Gene für die Hülle, die Strukturproteine und optional auch das RNA-Genom getrennt auf drei Plasmiden in die Produzentenzellen ein. Das Plasmid für die Strukturproteine haben wir so modifiziert, dass die Zellen die fremden Proteine in die Partikel einbauen“, erklärt die Erstautorin Christine Völkel, Doktorandin des REBIRTH-Graduiertenprogramms „Regenerative Sciences“.

Anschließend „ernten“ die Wissenschaftler die Partikel aus den Produzentenzellen und reinigen sie auf. „Vor dem Eintritt in die Zelle setzen virale Enzyme die fremden Proteine im Viruspartikel frei. Die aufgereinigten Partikel können gezielt an die gewünschte Zelle andocken. Die Partikel zerfallen dort und die Proteine können somit ihr Ziel finden“, erklärt Dr. Schambach. „Wir können mit dieser Technik größere Mengen Proteine gezielt in die Zelle schleusen, ohne hierfür das virale Genom zu benötigen. Wir können also das Zellverhalten steuern, ohne dort Erbinformation einzubringen“, erklärt der Arbeitsgruppenleiter. Zudem können die Forscher beeinflussen, in welchen Zelltyp die Partikel ihre Proteine einschleusen.

„Diese Methode ist auch ein neuer Ansatz zur Herstellung von iPS-Zellen. Denn so konnten wir die zuvor mit dem Gen-Taxi für die Reprogrammierung künstlich eingebrachten Gene aus den Stammzellen wieder entfernen. Dazu schleusten wir mit den Protein-Nanopartikeln ein DNA-Schneide-Enzym in den Zellkern. Dort schnitt das Enzym die Reprogrammierungsgene aus der DNA. Dies erhöht die Qualität der iPS-Zellen für Anwendungen in der Grundlagen- und Therapieforschung“, sagt Professor Baum.

Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Christopher Baum (0511) 532-6067, baum.christopher@mh-hannover.

Die Originalarbeit finden Sie unter http://www.pnas.org/content/early/2010/04/05/0914517107.abstract.

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Stefan Zorn idw

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