Mehr Widerstandskraft für die Kartoffel

Auch Pflanzen besitzen ein Immunsystem zur Bekämpfung von Infektionen. Um Krankheitserreger rechtzeitig zu erkennen, binden sie Bestandteile der Krankheitserreger an sogenannte Rezeptorproteine, die sich an der Oberfläche der pflanzlichen Zellen befinden.

Wissenschaftler haben nun ein unter Mikroben besonders weit verbreitetes Erkennungsmuster entdeckt, das eine pflanzliche Immunreaktion auslösen kann: Das Peptidfragment nlp20 ist Bestandteil von Giften aus Bakterien, Pilzen und Oomyceten (Eipilzen).

Ein prominenter Erreger, der diesen nlp20-enthaltenden Virulenzfaktor produziert, ist Phytophthora infestans, Verursacher der Kraut- und Knollenfäule bei der Kartoffel. Diese Pflanzenkrankheit führte um 1845 in Irland zur „Großen Hungersnot“ („Great Famine“) und verursacht auch heute noch schwerwiegende Probleme und Ernteverluste im Kartoffel- und Tomatenanbau.

Isabell Albert, Hannah Böhm, Thorsten Nürnberger und weitere Forscher des Zentrums für  Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP) an der Universität Tübingen haben nun zusammen mit Kooperationspartnern der Universitäten Utrecht, Würzburg und Peking in der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) Gene identifiziert, die zur Erkennung von nlp20 wichtig sind.

Überträgt man diese in Nutzpflanzen wie die Kartoffel, könnte dies deren Anfälligkeit gegenüber Krankheitserregern wie Phytophthora infestans reduzieren. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachmagazin Nature Plants veröffentlicht. doi:10.1038/nplants.2015.140

Die Wissenschaftler beschreiben, wie der Krankheitserreger erkannt wird, sobald sich das Toxinfragment nlp20 an das Rezeptorprotein RLP23 bindet. Zusammen mit den Corezeptoren SOBIR1 und BAK1 bildet dieses einen Komplex und löst so eine Signalübertragung ins Zellinnere aus, die verschiedene Abwehrreaktionen der Pflanze einleitet.

In ihrer Studie testeten die Wissenschaftler des ZMBP, ob ein Gentransfer des verantwortlichen Rezeptors für Phytophthora anfällige Wirtspflanzen widerstandsfähiger macht. „Wie die Ergebnisse zeigen, reagieren Nutzpflanzen wie Kartoffel und Tomate mit Abwehr, sobald sie diesen Erkennungskomplex in sich tragen und zeigen bei einer Infektion weit weniger Krankheitssymptome als die unveränderten Pflanzen“, sagt Dr. Isabell Albert.

Die außergewöhnlich breite Verteilung des Identifikationsmusters nlp20 bietet somit die Möglichkeit, Nutzpflanzen gegen ein großes Spektrum an Krankheitserregern widerstandsfähiger zu machen.

Kontakt:
Prof. Dr. Thorsten Nürnberger
Universität Tübingen
Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP)
Telefon +49 7071 29-76658
nuernberger[at]uni-tuebingen.de

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Antje Karbe idw - Informationsdienst Wissenschaft

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