Marokkanische Flick-Flack-Spinne: Die Kunstturnerin unter den Achtbeinern

Die Flick-Flack-Spinne Cebrennus rechenbergi in Aktion © Prof. Dr. Rechenberg

Die nachtaktive Spinne Cebrennus rechenbergi lebt in der Sandwüste Erg Chebbi im Südosten Marokkos nahe der algerischen Grenze. Mit ihren Tastern und speziellen verlängerten Borsten gräbt sich Cebrennus rechenbergi ein röhrenartiges, mit Seide befestigtes Domizil aus Sand, welches sie vor Sonne und Fressfeinden schützt.

Ihr herausragendes Talent ist allerdings die Fähigkeit, sich durch Flick-Flack-Sprünge fortbewegen zu können. Im Gegensatz zu ihrer Verwandten aus Namibia, der Goldenen Radspinne, die nur passiv eine Düne hinunterkullern kann, ist die Flick-Flack-Spinne in der Lage, durch Beinarbeit ins Rollen zu kommen. Wie eine Kunstturnerin stößt sie sich vom Boden ab und schlägt dann mit ihren Beinen eine Reihe schneller Flick-Flacks.

Dabei ist die Flick-Flack-Spinne sehr flexibel, ob nun bergauf, bergab oder auf ebenem Terrain – für Cebrennus rechenbergi kein Problem. Sie zeigt dieses Verhalten, wenn sie provoziert wird, z. B. durch eine Artgenossin, eine Walzenspinne, einen Skorpion oder einen Menschen. Mit knapp zwei Metern pro Sekunde ist sie per Flick-Flack doppelt so schnell unterwegs wie im Laufmodus.

Vorbild für Spinnenroboter

Dr. Jäger benannte die Flick-Flack-Spinne nach dem Wissenschaftler Prof. Dr. Ingo Rechenberg aus Berlin. Der Bioniker entdeckte Cebrennus rechenbergi während eines Marokkoaufenthaltes und übergab sie Dr. Jäger zur taxonomischen Bestimmung. Prof. Dr. Rechenberg war von der Bewegungsraffinesse der Flick-Flack-Spinne derart inspiriert, dass er ein 25cm großes Modell eines Spinnenroboters entwickelte.

Der Tabbot, benannt nach „Tabacha“, dem aus der Berber-Sprache stammenden Wort für Spinne, kann sowohl laufen als auch Salto schlagend rollen. „Der Roboter könnte sich für den Einsatz in der Landwirtschaft, auf dem Meeresboden oder auf dem Mars eignen“, meint sein Erfinder.

Flick-Flack-Spinnenart erstmals wissenschaftlich beschrieben

Dass es sich bei der Flick-Flack-Spinne um eine neue Art handelt, stellte Dr. Peter Jäger durch die morphologische Untersuchung der Spinne fest. Er konnte Cebrennus rechenbergi von der nah verwandten Cebrennus villosus aus Tunesien aufgrund winzigster Abweichungen der Geschlechtsorgane unterscheiden. „Aber auch die einmalige Fortbewegungsweise ist ein Kriterium zur Abgrenzung der beiden Arten“, so Dr. Jäger.

In den Senckenberg-Forschungsinstituten ist die taxonomische und systematische Forschung die stärkste Kernkompetenz. Neue Methoden wie Analysen des Erbgutes lassen sich mit traditionellen Methoden kombinieren und helfen, neue Arten zu identifizieren. „Ziel ist, die Vielfalt des Lebens auf der Erde, die Biodiversität, zu erfassen und zu erhalten“, erklärt Dr. Peter Jäger.

Kontakt
Dr. Peter Jäger
Senckenberg Forschungsinstitut
Sektion Arachnologie
Tel. 069 75421340
Peter.Jaeger@senckenberg.de

Ilona Bröhl / Judith Jördens
Pressestelle
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Tel. 069- 7542 1434
pressestelle@senckenberg.de

Publikation
Jäger, Peter: Cebrennus Simon, 1880 (Araneae: Sparassidae): a revisionary up-date with the description of four new species and an updated identification key for all species. Zootaxa, [S.l.], v. 3790, n. 2, p. 319–356, http://biotaxa.org/Zootaxa/article/view/zootaxa.3790.2.4

http://Videos zur Flick-Flack-Spinne:
http://bit.ly/1nyhz7B
http://bit.ly/1k1G72t

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