Lunge eines Säugetiers erstmals hochpräzise in 3D abgebildet
Die Lunge von Mäusen ist in ihrer Struktur und Funktion der menschlichen Lunge sehr ähnlich. Das neue Computer-Modell soll helfen, Lungenkrankheiten besser zu verstehen.
In bisher unerreichter Präzision wurde erstmals mittels hochauflösender Computertomographie die Lunge eines Säugetiers in 3D dargestellt – vor allem der kleinste Lungenbereich, wo die Verästelungen der Bronchien in den Lungenbläschen enden und der Gasaustausch mit dem Blut stattfindet: der sogenannte Acinus (lat. für «Traube»).
An diesen Lungenbereichen war das internationale Forscherteam mit Beteiligung des Instituts für Anatomie der Universität Bern besonders interessiert: «Wir wissen zwar schon viel über diese mikroskopisch kleine Region, verstehen aber nicht, wie inhalierte Gase und Fremdstoffe in die Lungenperipherie gelangen, sich dort verteilen und mit den feinen Blutgefässen interagieren», sagt Ewald Weibel, emeritierter Professor am Institut für Anatomie und Ko-Leiter des Projekts.
Das 3D-Modell eines Acinus hilft nun Forschenden zu verstehen, wie und wo Lungenkrankheiten entstehen, und welche Rolle diese «Lungentrauben» etwa bei der Verteilung von medizinischen Inhaltsstoffen durch Inhalation spielen. Erste Untersuchungsergebnisse und das präzise Modell wurden nun in den «Proceedings of the National Academy of Sciences» (PNAS) publiziert.
Berner Pionierarbeit trifft auf modernste Technologie
Seit Jahrzehnten forscht Ewald Weibel auf dem Gebiet der Lungenanatomie – auch nach seiner Emeritierung vor 18 Jahren. Seine Pionierarbeit hat das eben publizierte Modell erst ermöglicht: So dienten frühere Untersuchungen des Instituts für Anatomie an Acini von Mäuse-Lungen mittels Elektronenmikroskopie als Vergleichs-Basis für die jetzigen computertomographischen Messungen.
Mit den neuen Methoden konnten die Forschenden jetzt Gruppen von Acini ausmessen, die Anzahl solcher «Lungentrauben» für jede Mäuse-Lunge schätzen und sogar die darin enthaltenen Lungenbläschen zählen und deren Oberflächenausdehnung ermitteln.
Das Ergebnis ist nun eine bewegliche, lebensechte dreidimensionale Ansicht auf dem Bildschirm, die jedes Detail im Bereich des Acinus abbildet – die Anordnung der Lungenbläschen wie auch die Verteilung der Blutgefässe.
Dank der heutigen Möglichkeiten der bildgebenden Verfahren und Berechnungen kann das Modell auch aufzeigen, wie die einzelnen Lungen-Teile untereinander funktionieren. Dies eröffnet den Forschenden neue Möglichkeiten, um die Lungenstruktur zu untersuchen. Als nächstes will das Forscher-Team mit Gruppen in den USA, Bern und Deutschland die neuen Methoden nutzen, um schliesslich auch für die menschliche Lunge ähnliche Modelle zu erstellen.
Bibliopgraphische Angaben
Dragoº M. Vasilescu, Zhiyun Gao, Punam K. Saha, Leilei Yin, Ge Wang, Beatrice Haefeli-Bleuer, Matthias Ochs, Ewald R. Weibel, and Eric A. Hoffman: Assessment of morphometry of pulmonary acini in mouse lungs by nondestructive imaging using multiscale microcomputed tomography, PNAS 2012; published ahead of print October 1, 2012, doi:10.1073/pnas.1215112109
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft
Forschende an der ETH Zürich haben Bakterien im Labor so herangezüchtet, dass sie Methanol effizient verwerten können. Jetzt lässt sich der Stoffwechsel dieser Bakterien anzapfen, um wertvolle Produkte herzustellen, die…
Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren
Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…
Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht
Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…