Kostbares aus Abwasser

In Klärschlamm stecken wertvolle Inhaltsstoffe, beispielsweise Phosphate. Um sie zurückzugewinnen, müssen Kläranlagen umrüsten. Hochschule Landshut

Der Schlamm im Klärbecken steckt voller wertvoller Inhaltsstoffe wie Phosphor, Stickstoff oder Kalium. Landwirte setzen ihn deswegen oft auf Feldern als Dünger ein. Doch oft enthält der Klärschlamm auch umwelt- und gesundheitsgefährdende Schadstoffe wie Mikroplastik, Schwermetalle wie Kupfer und Zink, hormonell wirksame Stoffe wie Weichmacher aus Kunststoffen, oder Rückstände von Arzneimitteln. Laut Koalitionsvertrag der bundesdeutschen Regierungsparteien soll daher die Klärschlammdüngung eingestellt werden – und stattdessen Phosphorverbindungen zurückgewonnen werden, um sie in Düngern einzusetzen.

Phosphate aus Klärschlamm rückgewinnen

„Phosphor ist eine endliche Ressource, deren leicht gewinnbare, mineralische Vorräte in 80 bis 120 Jahren aufgebraucht sein dürften. In deutschen Abwässern steckt ein jährliches Potenzial von rund 70.000 Tonnen Phosphor zur Rückgewinnung, während etwa 120.000 Tonnen pro Jahr allein in Deutschland verbraucht werden“, erklärt Prof. Dr. Diana Hehenberger-Risse vom Technologiezentrum Energie der Hochschule Landshut. Phosphorrecycling wird nun für große Abwasserbehandlungsanlagen ab 50.000 Einwohnerwerten zur Pflicht.

Der Umstieg könnte auch für kleinere Anlagen ökologisch sinnvoll sein, aber: „Die Umrüstung für die Rückgewinnung von Phosphaten ist technisch aufwendig. Kleinere Kläranlagen müssen dafür massiv investieren“, so Hehenberger-Risse. „Damit sich das lohnt und die Abwassergebühren nicht in die Höhe schießen, müssen Gemeinden kooperieren und eine gemeinsame Lösung finden.“

Wie das aussehen kann, will die Umweltingenieurin im Forschungsprojekt „greenIKK“ herausfinden. Projektpartner sind ihr Landshuter Kollege, der Chemiker Prof. Dr. Josef Hofmann, der Zweckverband Ikom Stiftland und die tschechischen Partner Chevak und dem Forestry and Game Management Research Institut. Auch die Fakultäten Maschinenbau und Interdisziplinäre Studien der Hochschule Landshut beteiligen sich maßgeblich am Projekt.

Das gemeinsame Ziel: den Klärschlamm optimal verwerten. „Das reduziert die Emission von Treibhausgasen und steigert die Ressourceneffizienz“, so Hehenberger-Risse. Das Projekt läuft bis Ende 2019 und wird vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanziert.

Das Ziel: den Klärschlamm optimal verwerten

Die Wissenschaftler fokussieren sich auf den Landkreis Tirschenreuth im Osten Bayerns und die benachbarte Region Tachau/Cheb in Tschechien. „Wir prüfen unter anderem, wie sich Phosphor, Stickstoff und Spurenelemente wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll aus Abwasser und Klärschlamm zurückgewinnen lassen“, erklärt Hofmann. „Die tschechischen Partner unterstützen uns bei den chemischen Analysen. Sie messen nicht nur den Phosphorgehalt, sondern auch seine Qualität als Dünger, also wie gut Pflanzen ihn verwerten können.“

Ein Teil des Klärschlamms aus Anlagen wird oft getrocknet und verbrannt. Auch aus der Asche lässt sich Phosphor extrahieren. Damit der Schlamm gut brennt, muss er vorher aufwendig getrocknet werden. „Das kostet viel Energie“, weiß Hehenberger-Risse. Sie und ihre Partner wollen daher testen, ob und welche Kläranlagen Solarenergie zur Trocknung einsetzen könnten und ob es für die Anlagenbetreiber Sinn macht, Schlamm aus verschiedenen Kommunen in zentralen Anlagen gemeinsam zu trocknen.

Kleine Kläranlagen sollen ökologisch und ökonomisch arbeiten

„Bislang gibt es nur Studien zur Klärschlammentsorgung, die sich mit Teilaspekten einzelner Kläranlagenstandorte, Städten oder Landkreisen beschäftigen. In diesem Projekt sollen Entsorgungswege und -varianten betrachtet werden, die einen integrierten, ganzheitlichen Ansatz verfolgen“, fasst Hehenberger-Risse zusammen. Sie und ihre Kollegen erarbeiten zum Ende des Projekts Handlungsempfehlungen, wie die teilnehmenden Gemeinden in Deutschland und Tschechien grenzübergreifend gemeinsam Klärschlamm ökologisch und ökonomisch sinnvoll nutzen. Hehenberger-Risse: „Das kann dann auch anderen Gemeinden in Grenzregionen dienen.“

Media Contact

Ulrike Schnyder idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.haw-landshut.de

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