Kopplungsmuster im Gehirn hängen vom Rhythmus der Nervenzellen ab

Unser Gehirn besteht aus einer sehr großen Menge an Nervenzellen, die auf komplizierte Weise miteinander verschaltet sind. Trotz dieser komplexen Struktur können Neurowissenschaftler bestimmte Funktionen, wie z.B. die Verarbeitung visueller Reize oder die Steuerung von Bewegungen, bestimmten Hirnbereichen zuordnen. Für die normale Funktion unseres Gehirns ist der Austausch von Informationen zwischen solchen spezialisierten Hirnbereichen von grundlegender Bedeutung.

Jörg Hipp und Markus Siegel, Wissenschaftler am Centrum für Integrative Neurowissenschaften (CIN) der Universität Tübingen, stellen in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature Neuroscience eine neue Analysemethode vor, um solche Kopplungen basierend auf der Messung von magnetischen (Magnetencephalographie, MEG) oder elektrischen Feldern (Elektroencephalographie, EEG) am Menschen zu untersuchen. Mit Hilfe dieser Methode haben die Wissenschaftler den Grundzustand der Kopplungen des menschlichen Gehirns erforscht. Die Aufgabe der Probanden bestand lediglich darin, für mehrere Minuten einen Punkt zu betrachten.

Die Wissenschaftler machten sich zunutze, dass das MEG die Aktivität von Nervenzellen mit einer sehr hohen zeitlichen Auflösung widerspiegelt und so verschiedene überlagerte Hirnrhythmen erfasst. Diese verschiedenen Hirnrhythmen wurden getrennt und ihre Kopplung einzeln untersucht. Ein solches Vorgehen ist mit anderen gängigen bildgebenden Verfahren, die Nervenzellaktivität indirekt über den Energieverbrauch erfassen, nicht möglich. Es stellte sich heraus, dass die Kopplungsmuster spezifisch für bestimmte Hirnrhythmen sind. So findet man z.B., dass Rhythmen um 5Hz in vielen Hirnregionen mit einer bestimmten Hirnregion koppeln, die für Gedächtnisprozesse von zentraler Bedeutung ist.
Bisher bestand das Problem darin, dass die in der Studie untersuchten Kopplungen zwischen verschiedenen Hirnbereichen von Störsignalen überlagert und nicht von diesen unterschieden werden konnten. Die bereits zum Patent angemeldete Methode löst nun dieses Problem, so der Erfinder Dr. Hipp. Nun wollen die Forscher der Frage nachgehen, wie sich diese Kopplungsmuster bei bestimmten Aufgaben und neuropsychiatrischen Erkrankungen verändern. So könnte die Arbeit Wegbereiter für die weitere Erforschung von Krankheiten wie z.B. Alzheimer, Schizophrenie und Multiple Sklerose sein.

Originalpublikation in „Nature Neuroscience“:
Joerg F Hipp, David J Hawellek, Maurizio Corbetta, Markus Siegel und Andreas K Engel: „Large-scale cortical correlation structure of spontaneous oscillatory activity“

Kontakt:
Dr. Jörg Hipp
Universität Tübingen
Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften (CIN)
Otfried-Müller-Str. 25
72076 Tübingen
Tel.: +49 7071 29-81199
joerg.hipp[at]cin.uni-tuebingen.de
www.cin.uni-tuebingen.de/research/siegel.php

Dr. Petra Heymann
Wissenschaftliche Koordinatorin
Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften (CIN)
Otfried-Müller-Straße 25
72076 Tübingen
Tel.: +49 7071 29-89184
petra.heymann [at] cin.uni-tuebingen.de
www.cin.uni-tuebingen.de

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Michael Seifert idw

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