Kleiner Pilz mit großen Chancen

Der Gemeine Spaltblättling (Schizophyllum commune) ist ein Pilz, der meist auf Totholz siedelt. Er kommt weltweit vor, steht jedoch bei Pilzsammlern nicht auf der Wunschliste. Zudem wird er aufgrund massenhaften Auftretens für Waldschäden verantwortlich gemacht.

Der Pilz frisst nämlich Lignin, den für die Verholzung von Zellen maßgeblichen Stoff. Dennoch könnte der Spaltblättling nun eine große Karriere vor sich haben. Der Pilz lagert nämlich in und an seine Zellwände große Mengen eines Schleims ab, der ganz besondere Eigenschaften hat.

„Der Schleim dieses Pilzes kann so eingestellt werden, dass er Wasser die gleiche Viskosität wie Erdöl verleiht“, sagt Prof. Dr. Erika Kothe von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Wird er in ausreichender Menge ins Gestein gepresst, kann er noch vorhandenes Erdöl aus den Poren des Muttergesteines verdrängen. So ließe sich der Ausbeutungsgrad von Lagerstätten von derzeit 30 auf 45 Prozent erhöhen, schätzt die Jenaer Professorin für Mikrobielle Kommunikation. Das versuchten die Ölfirmen bislang mit Wasserdampf und Tensiden, die das Öl jedoch schlechter verdrängen, die Erfolge blieben bescheiden. Der Pilzschleim – ein Exopolysaccharid oder Glucan namens Schizophyllan – bietet nun in mehrfacher Hinsicht eine Alternative.

Die Idee, den Pilzschleim für die Erdölförderung einzusetzen, stammt von dem deutschen Unternehmen Wintershall. Prof. Kothe hat gemeinsam mit ihren Kolleginnen Daniela Freihorst und Nicole Knabe im Rahmen eines Kooperationsprojektes mit der biotechnologischen Forschungseinheit der BASF zum Gelingen des Vorhabens beigetragen. Die Wissenschaftlerinnen vom Institut für Mikrobiologie haben dabei mitgewirkt, die Pilzstämme zu verbessern, um deren Schleimproduktion anzuregen.

„Das Glucan kann in großem Maßstab im Fermenter effizient hergestellt werden“, sagt Prof. Kothe. Ein weiterer Vorteil: Die Substanz ist biologisch abbaubar. Ergo könnte sie auch in ökologisch sensiblen Gebieten eingesetzt werden. Damit das Glucan nicht zu früh abgebaut wird, müssen ihm allerdings geeignete biozide Substanzen hinzugefügt werden.

Wintershall möchte noch in diesem Jahr einen ersten großen Test beginnen. Das Schizophyllan soll in eine erschöpfte Lagerstätte in Niedersachsen gepumpt werden. Etwa zwei Jahre lang durchströmt die wässrige Lösung die unterirdischen Hohlräume der Lagerstätte. Gelingt das Experiment, dann kommt der Gemeine Spaltblättling wohl ganz groß heraus.

Kontakt:
Prof. Dr. Erika Kothe
Institut für Mikrobiologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Neugasse 25, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949291
E-Mail: erika.kothe[at]uni-jena.de

Media Contact

Stephan Laudien idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer