Kieler Forschende entdecken wichtigen Transportmechanismus im Malaria-Erreger

Im oberen, rechten Quadranten der Agarplatte wuchsen Hefepilze, in die das Team den Milchsäure-Transporter des Malaria-Erregers eingebaut hatte. Der Hefeeigene Milchsäure-Transporter wurde zuvor deaktiviert und Milchsäure als einzige Nahrungsquelle angeboten. Das war der Moment, in dem die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erkannten, was sie entdeckt hatten. Foto: Janis Rambow

Ähnlich einem menschlichen Muskel, der bei andauernder Anstrengung übersäuert, scheidet auch der Parasit Milchsäure als Abfallprodukt aus. Bisher war nicht bekannt, wie genau der Milchsäure-Transport im Erreger funktioniert. Die aktuellen Forschungsergebnisse bilden eine wichtige Grundlage für zukünftige Malariamedikamente. Die Ergebnisse werden in der internationalen Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Malaria-Erreger wachsen und vermehren sich besonders effizient, wenn ausreichende Mengen an Glukose im Blut vorhanden sind. Beim Abbau des Zuckers entsteht Milchsäure, die als Abfallprodukt im fortgeschrittenen Stadium der Malaria einen herabgesetzten pH-Wert verursacht. Der Bautyp des verantwortlichen Milchsäure-Transporters unterscheidet sich von dem des Menschen grundlegend.

Daraus ergeben sich wichtige Möglichkeiten, so Janis Rambow, Pharmazeutisches Institut an der CAU und Erstautor der aktuellen Studie: „Der Milchsäure-Transporter nimmt im Energiestoffwechsel der Parasiten eine zentrale Stellung ein und könnte hervorragend als Angriffspunkt für die Entwicklung dringend benötigter, neuer Antimalaria-Wirkstoffe dienen.“ Diese könnten aufgrund der strukturellen Unterschiede den Milchsäure-Transporter der Malariaerreger blockieren, nicht aber den des Menschen.

Bereits seit den 1940er Jahren ist bekannt, dass Malaria-Erreger Glukose aus dem Blutstrom als primäre Energiequelle aufnehmen und dabei große Mengen an Milchsäure als toxisches Abfallprodukt ausscheiden. Der entsprechende Glukose-Transporter des Parasiten wurde schließlich 1999 beschrieben, der Milchsäure-Transporter blieb jedoch unentdeckt, möglicherweise durch seine unerwartete Struktur. Transporter sind Proteine, die Stoffe in Zellen beziehungsweise aus ihnen heraus transportieren.

Professor Eric Beitz, Projektleiter der Studie, benennt die nächsten Schritte seiner Forschungsgruppe: „Der Milchsäure-Transporter im Malaria-Erreger ist ein lebenswichtiger Mechanismus für den Erreger. Wir wollen als nächstes Moleküle entwickeln, die das Ausscheiden der Milchsäure durch die Erreger stoppen können.“ Von dieser Entwicklung verspreche sich das Team um Beitz eine Grundlage für die Entwicklung neuer Anti-Malariamedikamente.

Malaria ist eine Tropenkrankheit, die durch den Stich von weiblichen, infizierten Mücken übertragen wird. Weltweit fordert die Krankheit jährlich etwa eine Million Todesopfer, die Hälfte von ihnen sind Kinder unter fünf Jahren. Ihr Immunsystem leidet besonders stark unter den Symptomen wiederkehrendes Fieber, Schüttelfrost, Magen-Darm-Beschwerden und Krämpfen. Die Zahl der an Malaria Erkrankten wird weltweit auf 300 bis 500 Millionen Menschen geschätzt, 90 Prozent der Betroffenen leben in Afrika.

Originalpublikation:
B. Wu, J. Rambow, S. Bock, J. Holm-Bertelsen, M. Wiechert, A. Blancke Soares, T. Spielmann und E. Beitz (2015): Identity of a Plasmodium lactate/H+ symporter structurally unrelated to human transporters. Nature Communications, http://dx.doi.org/10.1038/ncomms7284 

Bildmaterial steht zum Download bereit:
www.uni-kiel.de/download/pm/2015/2015-032-1.jpg
Das erfolgreiche Forschungsteam von der CAU entdeckte den Milchsäure-Transporter (v.l.n.r.): Janis Rambow, Julia Holm-Bertelsen, Binghua Wu und Eric Beitz.
Foto: Tebke Böschen, Uni Kiel
www.uni-kiel.de/download/pm/2015/2015-032-2.jpg
Im oberen, rechten Quadranten der Agarplatte wuchsen Hefepilze, in die das Team den Milchsäure-Transporter des Malaria-Erregers eingebaut hatte. Der Hefeeigene Milchsäure-Transporter wurde zuvor deaktiviert und Milchsäure als einzige Nahrungsquelle angeboten. Das war der Moment, in dem die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erkannten, was sie entdeckt hatten.
Foto: Janis Rambow
www.uni-kiel.de/download/pm/2015/2015-032-3.jpg
Der Malariaerreger nimmt Glukose als Energie auf und scheidet Milchsäure als toxisches Abfallprodukt aus. Das Kieler Forschungsteam entdeckte den Milchsäure-Transporter (grüner Haken), den Forscher seit Jahrzehnten suchten.
Schema: Eric Beitz

Kontakt:
Prof. Dr. Eric Beitz
Pharmazeutisches Institut an der CAU
Tel.: (0431) 880-1809
E-Mail: ebeitz@pharmazie.uni-kiel.de

Media Contact

Dr. Tebke Böschen Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Weitere Informationen:

http://www.uni-kiel.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer