Hepatitis B: Heilung ist das Ziel

Hepatitis-B-Viruspartikel orange gefärbt; elektronenmikroskopische Aufnahme CDC/Dr. Erskine Palmer

Obwohl es einen wirksamen Impfstoff gegen Hepatitis B gibt, sterben jedes Jahr 880.000 Menschen an den Folgen einer Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus. Insbe-sondere eine Ansteckung im frühen Kindesalter führt zu einer chronischen Erkrankung. Die verfügbaren antiviralen Wirkstoffe können zwar die Vermehrung der Viren eindämmen, die Krankheit jedoch nicht heilen.

Wird die Behandlung abgesetzt, bilden sich erneut Hepatitis-B-Viren. Der Grund ist eine kleine, zirkuläre Form von Virus-DNA, die im Kern infizierter Leberzellen deponiert wird und dem Virus erlaubt zu überleben. Auch bei geringer Viruslast der Patienten birgt die chronische Hepatitis B die Gefahr, an Leberzirrhose oder Leberkrebs zu erkranken. Neue, kurative Behandlungsansätze sind daher dringend notwendig.

„Wir haben einen therapeutischen Impfstoff entwickelt, der über zwei nacheinander geschaltete Impfungen erstmals eine Chance auf Heilung bieten könnte“, erklärt Prof. Ulrike Protzer von der Technischen Universität München (TUM) und dem Helmholtz-Zentrum München.

Im DZIF hat die Wissenschaftlerin bereits präklinische Tests mit Erfolg durchgeführt. Nun soll gemeinsam mit Forschern des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig sowie den Universitätsklinika München rechts der Isar und Hamburg-Eppendorf eine erste klinische Studie am Menschen vorbereitet werden. Das Vorhaben ist beispielhaft für eine translationale Projektentwicklung im DZIF.

Projekt aus 83 Bewerbungen ausgewählt

Der „Proof of Concept“, der klinische Wirkungsnachweis ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Zulassung von Medikamenten und Impfstoffen. Um diesen Schritt zu erleichtern, der oftmals eine unüberwindliche Hürde für Forscher darstellt, haben die Fraunhofer-Gesellschaft und die Helmholtz-Gemeinschaft gemeinsam mit der Deutschen Hochschulmedizin die PoC-Initiative gegründet. Aus 83 Bewerbungen wurde das Hepatitis-B-Vorhaben als eines von vier Projekten für eine Förderung ausgewählt. Ein großer Erfolg für die Wissenschaftler und auch für das DZIF, das das Projekt mit auf den Weg gebracht hat.

Doppelte Wirkung gegen Hepatitis B

Für die innovative therapeutische Impfung werden zwei unterschiedliche Komponenten miteinander kombiniert: In einem ersten Schritt (Prime) werden spezifische Hepatitis-B-Proteine als Antigene eingesetzt, um die Bildung von neutralisierenden Antikörpern auszulösen und T-Zellen auf ihren Einsatz vorzubereiten.

Anschließend wird die Abwehrreaktion verstärkt (Boost) durch den Einsatz eines Pockenvirus-Vektors, in den Gensequenzen des Hepatitis-B-Virus eingebaut sind. Dieser virale Vektor soll die Bildung von spezifischen T-Zellen gegen das Virus verstärken. Die T-Zellen sind wichtige Abwehrzellen unseres Körpers, die von Viren befallene Zellen vernichten können.

In präklinischen Modellen war diese „Prime-Boost-Impfung“ außerordentlich erfolg-reich: „Es wurden sowohl neutralisierende Antikörper gebildet, die die Viruslast und -ausbreitung im Blut verringerten, als auch zytotoxische T-Zellen gebildet, die die befallenen Leberzellen töteten“, erklärt Protzer. Der Ansatz sei geeignet, um das Problem der Virus-Persistenz zu lösen und damit die Krankheit zu heilen.

Erste klinische Studie in Vorbereitung

Mit den erfolgreich eingeworbenen Mitteln bereiten die Wissenschaftler nun die erste klinische Studie am Menschen vor. Dazu gehören sowohl die fachgerechte Produktion der Impfstoffkomponenten als auch toxikologische und pharmakodynamische Unter-suchungen im Vorfeld. Die klinische Studie wird von Prof. Marylyn Addo am Universi-tätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) durchgeführt werden. Addo bringt das notwendige Know-how mit; Impfstoffe für Ebola-Viren und das MERS-Coronavirus konnten ebenfalls in Hamburg erstmals am Menschen getestet werden.

Der Nutzen einer erfolgreichen therapeutischen Impfung gegen Hepatitis B wäre ein doppelter, denn die Mediziner hätten gleichzeitig ein wirksames Mittel gegen Hepatitis D in der Hand – Hepatitis D führt zu den schwersten Entzündungen der Leber und tritt nur gemeinsam mit Hepatitis B auf.

Weitere Informationen
Schneller vom Labor zum Patienten
Pressemitteilung zur PoC-Initiative am 20. März 2018

Kontakt

Prof. Ulrike Protzer
DZIF-Schwerpunkt “Hepatitis”
Institut für Virologie der TU München/Helmholtz-Zentrum München
T +49 89-4140 6821
E-Mail: protzer@tum.de

Pressekontakt
Karola Neubert und Janna Schmidt
DZIF-Pressestelle
T +49 531 6181 1170/1154
E-Mail: presse@dzif.de

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Karola Neubert idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.dzif.de

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