Haut aus dem Automaten

Es gibt Patienten, die wünschen sich eine zweite Haut. Zum Beispiel, weil die eigene bei einem schweren Unfall verbrannt ist. Aber die Transplantation von Haut ist langwierig und bei großflächigen Transplantationen sind oft mehrere Operationen notwendig. Schon lange versuchen Mediziner deshalb, Gewebe künstlich zu züchten. Mit einer solchen »künstlichen Haut« könnten sie diese Patienten schneller und besser behandeln.

Gewebezüchtung, auf englisch Tissue Engineering, ist seit einigen Jahren im Fokus der Forschung, und in vielen biotechnologischen Labors werden Gewebe wie Knorpel oder Haut bereits gezüchtet. Die Forscher am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart wollen aber noch einen Schritt weiter gehen. Sie arbeiten an der vollautomatisierten Herstellung von Geweben.

»Bisher ist die Züchtung, etwa von Hauttransplantaten, sehr teuer«, sagt Prof. Heike Mertsching, Abteilungsleiterin am IGB. »Die meisten Schritte werden von Menschenhand durchgeführt, das macht das Verfahren nicht besonders effektiv.« Zusammen mit Kollegen aus den Fraunhofer-Instituten für Produktionstechnologie IPT, Produktionstechnik und Automatisierung IPA sowie Zelltherapie und Immunologie IZI haben die Forscher deshalb ein neuartiges Verfahrenskonzept entwickelt.

Zunächst wird eine Biopsie – also eine menschliche Gewebeprobe – auf Sterilität überprüft. Ein Greiferarm transportiert die Biopsie dann in die Anlage, in der die einzelnen Schritte ablaufen: Der Automat schneidet die Biopsie klein, isoliert die unterschiedlichen Zelltypen, regt sie zum Wachsen an und mischt die Hautzellen mit Kollagen. Mit Hilfe einer speziellen Gelmatrix entsteht dabei ein dreidimensionaler Aufbau der verschiedenen Hautschichten – die Haut ist fertig. Im letzten Schritt verpackt der Automat die Zellen für den Versand. Alternativ kann das Gewebe auch kryokonserviert, das heißt eingefroren und für spätere Zwecke gelagert werden.

»Wichtig war uns, dass der gesamte maschinelle Ablauf in einzelne Module unterteilt ist«, sagt Mertsching. »So können wir einzelne Module entsprechend den Anforderungen zur Herstellung unterschiedlicher Gewebe austauschen oder verändern.« Das Verfahren eröffnet den Medizinern jede Menge neuer Möglichkeiten. Sie wollen damit beispielsweise Darmgewebe für Resorptionstests herstellen.

Media Contact

Prof. Dr. Heike Mertsching Fraunhofer Gesellschaft

Weitere Informationen:

http://www.igb.fraunhofer.de

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