Globale Erwärmung macht den Tropen zu schaffen

Obwohl die Temperaturzunahme in den Tropen geringer ist als in den gemäßigten Zonen des Nordens, hat sie dort weit größeren Einfluss auf das Leben. Tim Vickers; Wikimedia Commons<br>

Viele biologische Veränderungen der nördlichen Hemisphäre – vom Artensterben bis hin zu Verschiebungen der geographischen Barrieren – wurden in den letzten Jahrzehnten der globalen Erwärmung zugeschrieben.

Diese Entwicklung wurde erwartet, da die globale Erwärmung in den nördlichen gemäßigten Zonen und der Arktis am schnellsten voranschreitet. Amerikanische Wissenschaftler haben nun zusammen mit ihren Kollegen am Tübinger Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie entdeckt, dass die Temperaturzunahme in den Tropen zwar geringer ist, sie dort jedoch einen weit größeren Einfluss auf das Leben haben könnte als im kühleren Norden. (Nature, 8. Oktober 2010)

Die neue Studie der deutschen und amerikanischen Wissenschaftler konzentriert sich auf wechselwarme Tiere, wie Reptilien, die ihre Körpertemperatur der Umgebungstemperatur anpassen. George Wang vom Max-Planck-Institut in Tübingen und sein Kollege Michael Dillon von der Universität in Wyoming bedienten sich der fast 500 Millionen Temperaturmessungen von mehr als 3000 Klimastationen weltweit um die Erwärmung von 1961 bis 2009 auszuwerten. Diese Daten wurden vom Klimazentrum der Nationalen Ozeanischen und Atmosphärischen Verwaltung (NOAA) in den USA aufgezeichnet. Die Daten decken sich mit weiteren jüngst erstellten Studien: Die Temperaturen in der Arktis stiegen im Vergleich zu den Tropen am schnellsten.

Daraufhin untersuchten die Wissenschaftler die Auswirkungen auf den Metabolismus der Tiere. „Wir erwarteten, dass die physiologische Veränderungen, ebenso wie bei den Temperaturen, in den arktischen Zonen am stärksten ausgeprägt sind“, erzählt Michael Dillon. „Doch unsere Daten stellten unsere Hypothese auf den Kopf.“

Die Stoffwechselveränderungen, vor allem der Tiere, deren Metabolismus temperaturabhängig ist, sind der Schlüssel, um den Einfluss der Klimaänderung zu verstehen. „Ein erhöhter Stoffwechsel benötigt mehr Nahrung und mehr Sauerstoff“, erläutert Raymond Huey, Biologieprofessor an der Universität von Washington. „Wenn ein Lebewesen mehr Zeit für das Essen aufbringen und Energie- schonender leben muss, hat es weniger Zeit und Energie für die Reproduktion.“

Die Stoffwechselrate sagt viel über die Lebensintensität aus. Bei wechselwarmen Tieren nimmt sie umso schneller zu, je wärmer es wird. So stellten die Wissenschaftler fest, dass die Auswirkungen der Erderwärmung bei Tieren in den Tropen größer sind als auf die der Arktis. „Nur weil die Temperaturzunahme in den Tropen geringer ist, bedeutet das nicht, dass die biologischen Einflüsse auch gering sein müssen, “ erklärt Huey. „Alle unsere Studien deuten auf das Gegenteil hin.“

Frühere Studien der Universität Washington zeigen sogar, dass die globale Erwärmung dazu führen kann, dass die Körpertemperatur tropische Tiere über ihrem Optimum liegt. Dieser Zustand, ähnlich einem Fieber, führt zu permanentem, körperlichem Stress. Lebewesen in gemäßigten und arktischen Regionen sind hingegen in der Lage viel größere Temperaturänderungen zu tolerieren, da sie bereits durch die saisonalen Schwankungen daran gewöhnt sind.

Originalpublikation:
M.E. Dillon, G. Wang, R.B. Huey; Global metabolic impacts of recent climate warming, Nature (2010), doi: 10.1038/nature/09407
Kontakt:
Dr. George Wang
Tel.: 07071 601-1418
E-Mail: george.wang@tuebingen.mpg.de
Stephanie Bertenbreiter (Presse- & Öffentlichkeitsarbeit)
Tel.: 07071 601-472
E-Mail: presse@tuebingen.mpg.de
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