Gleichzeitig statt nacheinander gesprüht

Beschichtungen funktionalisieren oder schützen die darunter liegende Oberfläche, etwa vor Korrosion, Verkratzen oder Verwittern und können auch für einen ästhetischen Anblick sorgen – man denke beispielsweise an Lacke oder antihaftbeschichtete Pfannen.

Zur Herstellung von Kontaktlinsen, Implantaten, Leuchtdioden oder Solarzellen usw. benötigt man extrem dünne Beschichtungen. In der Zeitschrift Angewandte Chemie stellt ein Team um Gero Decher vom Institut Charles Sadron in Straßburg nun ein neues Verfahren zur Herstellung ultradünner Beschichtungen vor, das besonders einfach, vielseitig anwendbar und auch für die industrielle Produktion geeignet ist.

Eine einfache und gleichzeitig äußerst leistungsfähige Methode zur Herstellung von Nano-Beschichtungen ist die weit verbreitete Layer-by-Layer-Technik. Zwei miteinander wechselwirkende Substanzen, etwa positiv und negativ geladene Ionen, werden dabei abwechselnd auf Oberflächen abgeschieden und bilden in einem Selbstorganisationsprozess dünne Filme.

Eine entscheidende Verbesserung dieser Beschichtungstechnik konnte durch ein Sprühverfahren erreicht werden, bei dem die Lösungen der beiden Substanzen mittels Düsen abwechselnd aufgetragen werden. Sprühen führt zu einer erheblichen Beschleunigung des Verfahren und hat dazu beigetragen, es auf technische Maßstäbe zu übertragen.

Den französisch-deutschen Forschern um Decher und Pierre Schaaf vom Centre National de la Recherche Scientifique sowie Jean-Claude Voegel vom Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale gelang nun eine entscheidende Weiterentwicklung dieser Technik: Bei dem „Simultaneous Spray Coating of Interacting Species“ (SSCIS) genannten Verfahren werden die beiden komplementären Komponenten nicht abwechselnd sondern gleichzeitig aufgesprüht. In Abhängigkeit von den Verfahrensbedingungen lagern sich die Partner-Substanzen rasch an der Grenzfläche unter Bildung einer Schicht zusammen. Die Schichtdicke wird dabei über die Dauer des Sprühvorgangs gezielt zwischen wenigen Nanometern bis in den Mikrometerbereich eingestellt. Es entstehen sehr homogene Filme, die sogar optische Qualität erreichen.

Das einstufige Verfahren ist kostengünstig, robust, benutzerfreundlich und unglaublich variabel. Als gemeinsam aufgesprühtes Substanz-Duo eignen sich im Grunde alle miteinander wechselwirkenden Verbindungen, sogar entgegengesetzt geladene anorganische Ionen. So lassen sich etwa Filme aus Calciumfluorid (für optische Bauteile) oder Calciumphosphat (für Biomaterialien) herstellen.

Interessanterweise funktioniert die neue Technik sogar mit Paarungen, die in konventionellen Layer-by-Layer-Verfahren keine Schichten bilden. Die vorgestellten Ergebnisse eröffnen eine Vielfalt neuer Möglichkeiten, Oberflächen mit spezifischen Funktionalitäten auszustatten, beispielsweise für katalytische Anwendungen, um Implantate noch biokompatibler zu machen oder für die Züchtung künstlicher Gewebe.

Angewandte Chemie: Presseinfo 40/2010

Autor: Gero Decher, Institut Charles Sadron, Strasbourg (France), http://www-ics.u-strasbg.fr/spip.php?article185

Angewandte Chemie, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201002729

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