Gefährlicher Leberkrebs: Forscher enthüllen die Verbindung zu Leberkrankheiten

Leberschädigung und Krebs: Bei Mäusen, denen p21 fehlt, teilen sich die Zellen stark (rosa Feld), wenn die Leber sehr geschädigt ist. Anders bei Tieren, deren Leber nur moderat gestört ist (blau) Arndt Vogel, Universität Hannover

Leberkrebs ist einer der häufigsten und tödlichsten Tumore weltweit, und sein Vorkommen nimmt zu. Zwar tritt der Leberkrebs in Asien und Afrika mehr als doppelt so oft auf wie in Europa, weil dort Virusinfektionen wie Hepatitis B viel häufiger sind, die den Leberkrebs auslösen.

Doch in Europa leiden dafür immer mehr Menschen an Lebererkrankungen wie der Fettleber. Sie sind gefährdet, weil gestörte Leberzellen entarten könnten. Auch der anhaltend hohe Alkoholkonsum in den westlichen Industrieländern trägt zum Risiko bei.

In Deutschland sind alleine von der nicht-alkoholischen Fettleber, die durch Überernährung entsteht, 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung betroffen. Dazu kommen die Patienten, die schon an einer Leberzirrhose leiden, etwa durch chronischen Alkoholmissbrauch. So entsteht eine sehr große Gruppe von Risikopatienten, die von Leberzellkrebs bedroht sind – ihre Zahl hat sich in Deutschland innerhalb von 30 Jahren verdoppelt.

Die Gefahr ist hoch, denn Leberkrebs gehört wie Bauchspeichdrüsenkrebs zu den gefährlichsten Tumorarten: Anfangs macht er keine Symptome und wird daher meist spät entdeckt. Dadurch stehen die Überlebenschancen schlecht. Wirkungsvolle Therapie sind die Leberresektion und Lebertransplantation, doch die Möglichkeit dazu gibt es nur für sehr wenige Menschen.

Signalwege in der Zelle können Krebs bremsen

Neben neuen Therapiemöglichkeiten für den Krebs suchen Forscher daher nach Strategien, um die vielen Risikopatienten vor Leberkrebs zu schützen.

Prävention heißt das Stichwort, und zwar durch Medikamente, die man Patienten mit hohem Risiko vorsorglich geben könnte. Wo Medikamente ansetzen und wirken könnten, hat ein Forscherteam an der Universität Hannover in den Blick genommen:

Die Wissenschaftler unter der Leitung von Arndt Vogel haben dazu verschiedene Signalwege in den Leberzellen untersucht, die eigentlich den Krebs unterdrücken sollten. Denn wie alle Körperzellen verfügen auch Leberzellen über Mechanismen, die es ihnen erlauben, sich zu regenerieren und Schäden zu reparieren.

Eines der wichtigsten Werkzeuge ist der sogenannte p53-Signalweg. Er reguliert Reparaturvorgänge an der DNA der Zellen – ein internes Notfallsystem, das einspringt, wenn genetische Schäden vorliegen. Dann hindert p53 die kranke Zelle am Wachstum und leitet, wenn nötig, die Selbstzerstörung ein.

Dieser programmierte Zelltod ist ein wichtiger Sicherheitsmechanismus gegen Krebs. Einige Funktionen von p53 werden über p21 vermittelt. Über p21 ist allerdings bisher viel weniger bekannt – zumindest bremst p21 die Zellteilung, was ihn für die Hannoveraner Forscher interessant machte. Denn eine unkontrollierte Zellteilung ist typisch für Krebs.

Um hier einen Ansatzpunkt für Medikamente zu finden, hat das Team um Arndt Vogel verschiedene Mäuse, die an Lebererkrankungen litten, untersucht. Die kranken Tiere entwickeln ebenso wie Menschen nach einer gewissen Zeit Leberkrebs. Die Forscher konnten nun belegen, dass ausgerechnet p21, das die Leberzellen schützen sollte, ein doppeltes Gesicht hat: Unter bestimmten Umständen bremst es den Krebs nicht, sondern fördert sogar einen Tumor. Dafür arbeiteten die Krebsforscher mit verschiedenen Gruppen von Mäusen.

p21 hat ein doppeltes Gesicht

Die Ergebnisse zeigen, dass die Stärke der Leberschädigung für die Entwicklung von Krebs bedeutsam ist – und dass der Signalweg p21 je nach Situation eine unterschiedliche Rolle spielt. Bei Mäusen mit starker Leberschädigung bremst p21 die Zellteilung von Leberzellen mit DNA Schädigung und hemmt so die Tumorentstehung. Überraschenderweise wurde aber die Tumorentstehung bei der gleichen Lebererkrankung durch p21 gefördert, wenn die Leberschädigung etwas geringer ausgeprägt war. „Wir müssen daher stärker kontrollieren, in welchem Stadium die Leber gefährdeter Patienten ist. Das ist für den Verlauf sehr wichtig, denn je nach Lage können die Signalwege in den Zellen ihre Funktion wechseln und einen Tumor fördern“, so Arndt Vogel. Die Forscher hoffen jetzt, dass sie in folgenden Studien weitere Signalwege identifizieren können, die Ansatzpunkte für die Entwicklung von Medikamenten zur Verhinderung von Tumorerkrankungen in der Leber bieten.

Die Wilhelm Sander-Stiftung hat dieses Forschungsprojekt mit rund 165.000 Euro unterstützt. Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 220 Millionen Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Damit ist die Wilhelm Sander-Stiftung eine der bedeutendsten privaten Forschungsstiftungen im deutschen Raum. Sie ging aus dem Nachlass des gleichnamigen bayerischen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

Kontakt:
Prof. Dr. Arndt Vogel
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover
Tel: 0511-532-9590 | Fax: 0511-532-4092
Vogel.arndt@mh-hannover.de

Kontakt Wilhelm Sander-Stiftung
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